Ob Charlotte auf der Handelsschule ihren Abschluss machte, ob sie eine Berufstätigkeit aufnahm, wie sich ihre Lebenssituation entwickelte - all das wissen wir mangels Quellen nicht.
Sicher ist aber, dass ihr Leben in Köln immer schwieriger geworden sein muss. Während dieser Jahre gab es immer mehr Gesetze und Vorschriften, deren Ziel es war, die jüdische Bevölkerung aus der „Volksgemeinschaft” auszugrenzen und sie zu diskriminieren. Ein Beispiel hierfür ist ein von den Nationalsozialisten als „Arisierung” bezeichneter Prozess ab 1933, bei dem jüdische Unternehmer durch politischen oder wirtschaftlichen Druck dazu gezwungen wurden, ihre Geschäfte weit unter Wert zu verkaufen. So verlor zum Beispiel Charlottes Vater 1939 sein Gewerbe, welches 1938 noch „Herrenkleider” waren, was sehr gut hiermit zusammen hängen könnte.
Es lässt sich sagen, dass neben der zunehmenden finanziellen Unsicherheit durch den Verlust des Gewerbes des Vaters der allgemein wachsende Antisemitismus im damaligen Deutschen Reich eine Emigration begründen würde.
Aus ihrem Fragebogen geht hervor, dass sie 1939 nach Antwerpen in Belgien floh, was bedeutet, dass sie mit 19 Jahren ihr Land verließ und auf der Flucht war. Ein weiteres Problem für Charlotte war jetzt auch das „Gesetz über (die) Änderung der Vorschriften über die Reichsfluchtsteuer” und die Dego- Abgaben, welche anfangs Gesetze waren, um Menschen daran zu hindern, wegen der Weltwirtschaftskrise mit ihrem Kapital zu fliehen. Unter den Nationalsozialisten wurden sie jedoch ein Instrument, um Juden, welche das Land verlassen wollten, auszuplündern und sich an ihrem Geld zu bereichern. Sie dürfte also wahrscheinlich weitgehend mittellos in Belgien angekommen sein.
Hier hat sie - zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen 1939 und 1948, einen Mann namens Samuel Propper geheiratet. Vermutlich hat sie ihn erst in Antwerpen kennengelernt, denn sie gibt auf ihrem Fragebogen an, er habe nie in Köln gewohnt - und sie selbst ist ja erst 1939 nach Belgien gekommen.
Sam Propper wurde geboren am 21.6. 1911, vermutlich in Antwerpen, denn er selbst besaß die belgische Staatsbürgerschaft und seine Familie stammte wohl aus Antwerpen. Bei den Proppers muss es sich ebenfalls um eine jüdische Familie gehandelt haben, und mindestens zwei seiner näheren Angehörigen wurden Opfer des Holocaust - seine Mutter Roza Propper starb 1942 in Auschwitz; sie wurde dort sicherlich ermordet. Ebenfalls ist Sams Bruder Hendrik im Alter von 32 Jahren im Jahr 1942 gestorben. Auch hier kann man von einer Ermordung durch die Nationalsozialisten ausgehen.
Charlotte und Sam Propper haben wohl in Belgien die deutsche Besatzung überlebt, sicherlich untergetaucht im Untergrund. Im Jahr 1948 findet sich ihr Name auf der Passagierliste des Dampfers "De Grasse", der am 10.9.1948, von Le Havre kommend, in New York einlief. An Bord befanden sich Sam und Charlotte Propper, beide im Besitz der belgischen Staatsbürgerschaft, sowie ihre beiden Kinder, die sie in der Zwischenzeit bekommen haben müssen: Helene (22 Monate alt) und George (11 Monate alt).
Über ihr Leben nach der Emigration ist nicht mehr allzu viel herauszufinden. Charlotte gab auf ihrem Fragebogen "Sekretärin" als Beruf an. Ob sie diesen Beruf auch noch in den USA ausgeübt hat, ist unbekannt. Gewohnt hat die Familie zunächst in New York, hier stellte Charlotte auch im August 1954 einen Antrag auf Einbürgerung, dem auch stattgegeben worden sein muss. Später zogen die beiden Eheleute nach Florida. Hier, in Fort Lauderdale, ist Sam im August 1980 gestorben. Charlotte überlebte ihren Mann um mehrere Jahre und scheint später in Hollywood, Florida gelebt zu haben. In welchem Jahr sie starb, ist nicht bekannt, es kann jedoch nicht vor 1993 gewesen sein, da sie in diesem Jahr den Fragebogen zu ihrer Person im NS-Dokumentationszentrum ausgefüllt hat.