1936 floh Edith zusammen mit ihrem Mann, dessen Mutter und ihren Eltern nach Chile. Am 6. Februar erreichte die Familie Valparaiso, eine Hafenstadt etwa eine Stunde westlich der Hauptstadt Santiago de Chile. Die Familie bezog eine Wohnung in einer Straße namens Templeman. Wegen ihrer zentralen Lage und eines exzellenten Meerblicks dürfte dieses Appartement durchaus kostspielig gewesen sein. Vermutlich war es der Familie gelungen, bei ihrer Flucht einen Teil ihres Vermögens in ihre neue Heimat zu überführen. Über einen Kontakt erhielt Hans Rubens eine Stelle bei einer Druckerei namens „Mex y compania“. Später eröffnete er eine eigene, kleine, auf Visitenkarten und Briefumschläge spezialisierte Druckerei mit angeschlossenem Schreibwarenladen namens „Rubens y compania“ in guter Lage in einer Straße namens „Petromont“. Edith arbeitete als Sekretärin für einen der Geschäftsführer des Tabakunternehmens „Chilean Tobacco“, des chilenischen Ablegers der „British American Tobacco Company“. Sie verfügte über für die Zeit außergewöhnlich gute Englischkenntnisse. Ediths Eltern und Hans Rubens‘ Mutter arbeiteten nicht mehr. Edith und ihr Mann Hans musste also mit ihrer Arbeit genug Geld für fünf Leute verdienen.
Einige Monate nach der gelungenen Flucht folgten Werner Rubens, Hans‘ jüngerer Bruder, und dessen Frau Rosie Rubens (geb. Fladow), nachdem es Juden in Deutschland nicht mehr erlaubt war, Kommunikationsmittel wie Radioapparate zu vertreiben. Das Ehepaar lebte fortan in Santiago de Chile. Dort eröffnete der promovierte Volkswirt Werner Rubens ein Möbelhaus namens „Home“. Zwischen den Familien der beiden Brüder herrschte ein enger Kontakt.

Von links: David Rubens, Werner Rubens, Edith Lorant, Hans Rubens (1957)
Der älteste der drei Rubens-Brüder, Rudolf, sollte ebenfalls folgen. Die bereits genehmigten Visa für ihn, seine Frau Anna Rubens (geborene Steinweg) und ihren gemeinsamen Sohn Peter Paul Michael Hans Rubens wurden jedoch von einem Mitarbeiter der chilenischen Botschaft in Berlin gestohlen und an unbekannte Käufer verkauft. Gezwungenermaßen blieben Rudolf Rubens und seine Familie in Köln. 1939 musste die „Rheinische Papierwaaren-Fabrik Max Klestadt“ schließen. Am 22. Oktober 1941 wurde die Familie in das polnische Ghetto Lodz (Litzmannstadt) deportiert. Von dort aus verschleppten die Nationalsozialisten Rudolf Rubens und seine Familie ein Jahr später in das Vernichtungslager Chelmno (Kulmhof).
Rudolf Rubens wurde im Mai 1942 ermordet. Seine Frau Anna fiel der Ideologie der Nationalsozialisten vier Monate später, im September 1942, zum Opfer. Peter Paul Michael Hans Rubens wurde am 28. Juni 1944 ermordet. Bemerkenswert ist, dass Rudolf Rubens ein verdienter Offizier aus dem Ersten Weltkrieg war. Das erstgeborene Kind des Ehepaars Rubens, Ingeborg "Inge" Rubens, wurde bereits vor 1938 per Kindertransport über die Niederlande nach Großbritannien geschickt. Dort arbeitete sie erst als schlecht bezahlte Haushaltshilfe. Nachdem sie den Fotografen John William Stanley Routley geheiratet hatte, bekam sie eine Stelle als Krankenschwester. Sie brachte drei Kinder auf die Welt. In Gedenken an Rudolf, Anna, Peter Paul und Ingeborg Rubens werden im April 2020 Stolpersteine vor dem Haus in der Uhlandstraße 10 verlegt. Dort lebte die Familie, als Peter Paul Michael Hans geboren wurde. Ab 1936 lebten sie vier Jahre in einer Wohnung in der Wilhelm-Waldeyer-Straße 14, bevor sie 1940 in ein „Ghettohaus“ in der Lindenstraße 19 gesteckt wurden.
Edith und Hans waren keine strenggläubigen Juden, sondern konfessionell eher moderat. Am 2. März 1939 erhielt Edith nach einer Verordnung der NS-Regierung vom 17. August 1938 in fluchtbedingter Abwesenheit dennoch den Zweitnamen „Sara“ zur Kennzeichnung ihres jüdischen Glaubens. Aufgrund ihrer jüdischen Vorfahren galten jedoch nach den am 15. September 1935 anlässlich des 7. NSDAP-Reichsparteitags erlassenen Nürnberger Rassengesetzen beide als „Volljuden“.
Am 10. August 1942, vergleichsweise früh, erhielt Edith die chilenische Staatsbürgerschaft. Hans Rubens erlangte den Status als chilenischer Bürger einen Monat später, am 23. September 1942.

Zertifikat chilenische Staatsbürgerschaft Edith Lorant
Die Ehe von Edith und Hans war kinderlos. Ediths Schwager Werner Rubens bekam mit seiner Frau Rosie zwei Kinder, Daniela und David, welche Edith damals häufig besuchten. Am 27. November 1950 wurde der Zweitname „Sara“, ebenfalls in Abwesenheit von Edith, wieder entfernt. Am 6. Dezember 1959 verstarb Ediths Vater Julius Lorant im Alter von 83 Jahren. Etwas weniger als zwei Jahre später verstarb auch Ediths Mutter Selma Lorant (geb. Heymann). Sie wurde 90 Jahre alt.

Grabsteine von Selma und Julius Lorant auf dem Belloto Friedhof in Valparaiso
Am frühen Morgen des 17. Dezembers 1968 erlag Hans Rubens einer langjährigen Krankheit. Edith zog in eine kleinere, aber modernere Wohnung in einer Straße namens „Condell“ um. Ein Jahr später erreichte sie das chilenische Renteneintrittsalter von 60 Jahren. Von nun an „verwöhnte“ sie in Abwesenheit eigener Kinder ihre Nichte Daniela und ihren Neffen David. 1970 besuchte Edith ihren Onkel Hugo Lorant und dessen Frau Lilly Henrietta Lorant (geb. Simon) und deren Söhne Reginald James Lorant und John Lorant in den USA. Es sollte ihre einzige Auslandsreise nach ihrer Flucht bleiben. Edith verstarb am Abend des 3. Oktobers 1985 im Alter von 77 Jahren.

Karl-Heinz Moses (r.) neben den Grabsteinen von Edith und Hans Lorant auf dem Belloto Friedhof in Valparaiso