Edith Rubens (geb. Lorant)

von Lovis Danneck und Julian Svoboda

Diese Projektarbeit wurde in gemeinsamer Arbeit von Lovis Danneck und Julian Svoboda verfasst. Wir sind Schüler der 12. Klasse der Königin-Luise-Schule in der Kölner Innenstadt und belegen beide das Fach Geschichte im Leistungskurs. Als uns zu Beginn des letzten Schuljahres angeboten wurde, an einem Projektkurs im Fach Geschichte teilzunehmen, haben wir nicht lange gezögert.

Ziel des nun bereits im dritten Jahr angebotenen Projektkurses ist es, die Biografie von ehemaligen jüdischen Schülerinnen unserer Schule, die unter der nationalsozialistischen Repression zu leiden hatten, zu rekonstruieren. Wir hoffen, damit dazu beizutragen, dass die teils schrecklichen Schicksale dieser Menschen nicht in Vergessenheit geraten. Darüber hinaus empfinden wir es als die Pflicht einer jeden Schule und ihrer Schüler und Schülerinnen, sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit zu beschäftigen. Gerade in Zeiten von wiedererstarkendem Nationalismus und rassistischer Denkweisen in Deutschland und auf der ganzen Welt ist es enorm wichtig, die Schrecken der NS-Zeit deutlich zu machen und sich Verfechtern solchen Gedankenguts entschieden entgegenzustellen.

Als der Projektkurs das erste Mal zusammenkam, gaben uns die Projektleiter Herr Pallaske und Herr Erkelenz eine Liste mit Namen infrage kommender ehemaliger Schülerinnen mit der Aufgabe, jeweils zu zweit eine Person auszuwählen. Herr Erkelenz teilte uns mit, dass zu einigen der Personen bereits sehr viele Informationen vorlagen, während über andere kaum etwas bekannt war. Zu einer Person zu forschen, über die schon viel vorhanden ist, hätte bedeutet, dass die Herausforderung der Arbeit vor allem darin läge, die Fülle an Informationen auf das Wesentliche zu komprimieren. Wir entschieden uns bewusst gegen diese Option und wählten Edith Lorant, von der wir lediglich den Namen, ihre Religionszugehörigkeit und ihren Berufswunsch wussten, da wir es als interessanter einschätzten, den Fokus der Forschung auf die Recherche statt auf das Zusammenfassen von Informationen zu legen.

Ediths Kindheit

Edith Lorant wurde am 17. September 1908 als Tochter des Kaufmanns Julius Lorant (32) und dessen Frau Selma Lorant (geb. Heymann; 29) geboren. Die Familie lebte in einer Wohnung im zweiten Stockwerk in der Richard-Wagnerstraße 20 in der Kölner Innenstadt. Der am 11. September 1876 in Iserlohn geborene Julius Lorant handelte mit Strick- und Wirkwaren. Die Tatsache, dass er ab 1912 über einen Telefonanschluss verfügte, deutet darauf hin, dass seine kaufmännischen Tätigkeiten durchaus erfolgreich waren. Ediths Mutter Selma Lorant (geb. Heymann) wurde am 09. März 1879 in Köln geboren. Ihren Großvater väterlicherseits lernte Edith nie kennen. Hermann Lorant war 1888 bei einem Schiffsunglück ertrunken. Ihre Großmutter Emma Lorant (geb. Philippsohn) dürfte Edith kennengelernt haben. Die Eheleute Hermann und Emma Lorant führten ein Leben in ärmlichen Verhältnissen. Ediths Großvater mütterlicherseits, Wilhelm Heymann, war als Theaterrequisiteur tätig und ist wohl schon vor Ediths Geburt verstorben. Über Selma Lorants Mutter Rosa Heymann (geb. Bähr) ist uns nichts bekannt.

Julius Lorant Selma Lorant Julius Lorant als Soldat
Julius Lorant Selma Lorant Julius Lorant als Soldat

 

Julius Lorant diente im 1. Weltkrieg in der kaiserlichen Armee, wofür er am 17. Dezember 1934 „im Namen des Führers und Reichskanzlers“ mit dem Ehrenkreuz für Frontkämpfer ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus wurden seine militärischen Leistungen mit einem Eisernen Kreuz gewürdigt. Das Ehrenkreuz für Frontkämpfer wurde im Juli 1934 anlässlich des zwanzigsten Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs von Reichspräsident Paul von Hindenburg initiiert. Als Hindenburg nur wenige Wochen danach nach längerer Krankheit verstarb, wurde die Auszeichnung fortan im Namen Adolf Hitlers verliehen. Mit Blick auf die vorangegangene Machtergreifung der Nationalsozialisten im Zuge der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 ist anzunehmen, dass Julius Lorant das Ehrenkreuz und das Eiserne Kreuz vordergründig des eigenen Schutzes wegen beantragte. Bei insgesamt über sechs Millionen verliehenen Ehrenkreuzen und über fünf Millionen verliehenen Eisernen Kreuzen besaßen beide Auszeichnungen praktisch keinen materiellen Wert. Viele Deutsche jüdischen Glaubens, die im Ersten Weltkrieg gekämpft hatten, hofften jedoch anfänglich, die militärische Würdigung sichere sie vor möglichen antisemitischen Maßnahmen des neuen Regimes.


Ehrenkreuz für Frontkämpfer, verliehen an Julius Lorant am 17. Dezember 1934Ehrenkreuz für Frontkämpfer, verliehen an Julius Lorant am 17. Dezember 1934


Schätzungsweise im Jahr 1915 wurde Edith, vermutlich in kriegsbedingter Abwesenheit ihres Vaters Julius Lorant, auf die Volksschule Genter Straße eingeschult.

Ediths Jugend

1919 kam Edith auf die Königin-Luise-Schule. Die Tatsache, dass sie als Mädchen in den 20er-Jahren Zugang zu einer höheren Bildung erhielt, gibt Aufschluss über die gute ökonomische Situation und die progressive Einstellung ihrer Familie. 1927 zog die Familie in eine Wohnung im ersten Stock in der Malmedyerstraße 11, Köln-Braunsfeld, um. 1928 erhielt Edith an der Königin-Luise-Schule (KLS) ihre allgemeine Hochschulreife. Als „gewählten Beruf“ gab sie Theaterwissenschaftlerin an. Zumindest an der Universität in Köln war sie jedoch in den Folgejahren zu keinem Zeitpunkt als Studentin eingetragen. Aus dem Schuljahresbericht der KLS von 1928 geht zudem hervor, dass sie 1927 im Zuge der in diesem Jahr anlässlich des 80. Geburtstags des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg statt am 11. August erst am 01. Oktober abgehaltenen Verfassungsfeier das Staatsoberhaupt „würdigte“ . Es ist deshalb anzunehmen, dass Edith sich in der Schülervertretung engagierte - vielleicht war sie aber auch die Jahrgangsbeste, und deshalb wurde ihr diese "Ehre" zuteil.

Malmedyerstraße 1928
Malmedyerstraße 1928


Königin-Luise-Schule in der St. Apernstraße 1920
Königin-Luise-Schule in der St. Apernstraße 1920

 

 
 
Frühe Erwachsenenjahre in Köln

Am 16.6.1931 bestand Edith die praktische Führerscheinprüfung und durfte fortan „Verbrennungsmaschinen der Klasse 3b“ führen. Als junge Frau zur Zeit der Weimarer Republik eine Fahrerlaubnis zu erwerben, war nicht üblich. Die bereits erwähnte fortschrittliche Ausrichtung und der moderate Wohlstand der Familie zeigten sich dementsprechend in diesem Ereignis erneut.

Führerschein der Klasse 3b von Edith Lorant
Führerschein der Klasse 3b von Edith Lorant


Am 13. September 1934 heiratete Edith den zehn Jahre älteren Kaufmann Hans Rubens und nahm dessen Nachnamen an.


Heiratsurkunde Edith Lorant und Hans Rubens vom 13.09.1934


Hans Rubens leitete damals bereits seit mindestens neun Jahren zusammen mit seinem älteren Bruder Rudolf und seinem Cousin Ernst Spiegel die „Rheinische Papierwaaren-Fabrik Max Klestadt“ in der Uhlandstraße, welche zu dessen Lebzeiten bereits sein Vater Ludwig Levy Rubens geführt hatte. Der 1855 in Gelsenkirchen geborene Max Klestadt hatte die Druckerei 1886 gegründet. Max Klestadt war mit Julie Rubens, einer Schwester von Ludwig Levy Rubens, verheiratet. Er verstarb am 30. November 1914. Ludwig Levy Rubens starb wenige Monate später, am 4. Februar 1915. Von Angehörigen und Mitarbeitern wurde er als pflichtbewusster, gemütvoller Charakter beschrieben. Fortan führten dessen Witwe Rosa Rubens (geborene Bernheimer) und sein Neffe Ernst Spiegel die Firma. Im Jahre 1920 stiegen Hans und Rudolf Rubens in den Betrieb ein und lösten ihre Mutter ab.

Werbung der „Rheinischen Papierwaaren-Fabrik Max Klestadt“
Werbung der „Rheinischen Papierwaaren-Fabrik Max Klestadt“

 

Hans Rubens‘ Vater Ludwig Levy war ab 1901 offiziell Bürger der Stadt Köln. Für den Status des Bürgers (gegenüber dem des einfachen Einwohners) waren bestimmte, vor allem ökonomische Faktoren wie ein Mindestvermögen oder Grundbesitz vonnöten. Ludwig Levy Rubens gehörte, genauso wie, bis zu seinem Tod, sein Schwager Max Klestadt, sogar der zweiten von drei Kategorien an. Dieses Privileg war damals nur etwas mehr als 1,5 Prozent der Kölner Einwohner vorbehalten.

Hans Rubens
Hans Rubens

Falls Edith und Hans Rubens in Köln überhaupt je zusammenlebten, dann erst nach 1934, da Edith zum Zeitpunkt der Hochzeit noch bei ihren Eltern in der Malmedyerstraße wohnte. Für einen möglichen Umzug Ediths in das familieneigene Haus in der Uhlandstraße 12 konnten wir keinen Beweis finden.

Neubau in der Uhlandstraße 1973
Neubau in der Uhlandstraße 1973

 

Erwachsenenjahre in Chile

1936 floh Edith zusammen mit ihrem Mann, dessen Mutter und ihren Eltern nach Chile. Am 6. Februar erreichte die Familie Valparaiso, eine Hafenstadt etwa eine Stunde westlich der Hauptstadt Santiago de Chile. Die Familie bezog eine Wohnung in einer Straße namens Templeman. Wegen ihrer zentralen Lage und eines exzellenten Meerblicks dürfte dieses Appartement durchaus kostspielig gewesen sein. Vermutlich war es der Familie gelungen, bei ihrer Flucht einen Teil ihres Vermögens in ihre neue Heimat zu überführen. Über einen Kontakt erhielt Hans Rubens eine Stelle bei einer Druckerei namens „Mex y compania“. Später eröffnete er eine eigene, kleine, auf Visitenkarten und Briefumschläge spezialisierte Druckerei mit angeschlossenem Schreibwarenladen namens „Rubens y compania“ in guter Lage in einer Straße namens „Petromont“. Edith arbeitete als Sekretärin für einen der Geschäftsführer des Tabakunternehmens „Chilean Tobacco“, des chilenischen Ablegers der „British American Tobacco Company“. Sie verfügte über für die Zeit außergewöhnlich gute Englischkenntnisse. Ediths Eltern und Hans Rubens‘ Mutter arbeiteten nicht mehr. Edith und ihr Mann Hans musste also mit ihrer Arbeit genug Geld für fünf Leute verdienen.

Einige Monate nach der gelungenen Flucht folgten Werner Rubens, Hans‘ jüngerer Bruder, und dessen Frau Rosie Rubens (geb. Fladow), nachdem es Juden in Deutschland nicht mehr erlaubt war, Kommunikationsmittel wie Radioapparate zu vertreiben. Das Ehepaar lebte fortan in Santiago de Chile. Dort eröffnete der promovierte Volkswirt Werner Rubens ein Möbelhaus namens „Home“. Zwischen den Familien der beiden Brüder herrschte ein enger Kontakt.

Von links: David Rubens, Werner Rubens, Edith Lorant, Hans Rubens (1957)
Von links: David Rubens, Werner Rubens, Edith Lorant, Hans Rubens (1957)

 

Der älteste der drei Rubens-Brüder, Rudolf, sollte ebenfalls folgen. Die bereits genehmigten Visa für ihn, seine Frau Anna Rubens (geborene Steinweg) und ihren gemeinsamen Sohn Peter Paul Michael Hans Rubens wurden jedoch von einem Mitarbeiter der chilenischen Botschaft in Berlin gestohlen und an unbekannte Käufer verkauft. Gezwungenermaßen blieben Rudolf Rubens und seine Familie in Köln. 1939 musste die „Rheinische Papierwaaren-Fabrik Max Klestadt“ schließen. Am 22. Oktober 1941 wurde die Familie in das polnische Ghetto Lodz (Litzmannstadt) deportiert. Von dort aus verschleppten die Nationalsozialisten Rudolf Rubens und seine Familie ein Jahr später in das Vernichtungslager Chelmno (Kulmhof).

Rudolf Rubens wurde im Mai 1942 ermordet. Seine Frau Anna fiel der Ideologie der Nationalsozialisten vier Monate später, im September 1942, zum Opfer. Peter Paul Michael Hans Rubens wurde am 28. Juni 1944 ermordet. Bemerkenswert ist, dass Rudolf Rubens ein verdienter Offizier aus dem Ersten Weltkrieg war. Das erstgeborene Kind des Ehepaars Rubens, Ingeborg "Inge" Rubens, wurde bereits vor 1938 per Kindertransport über die Niederlande nach Großbritannien geschickt. Dort arbeitete sie erst als schlecht bezahlte Haushaltshilfe. Nachdem sie den Fotografen John William Stanley Routley geheiratet hatte, bekam sie eine Stelle als Krankenschwester. Sie brachte drei Kinder auf die Welt. In Gedenken an Rudolf, Anna, Peter Paul und Ingeborg Rubens werden im April 2020 Stolpersteine vor dem Haus in der Uhlandstraße 10 verlegt. Dort lebte die Familie, als Peter Paul Michael Hans geboren wurde. Ab 1936 lebten sie vier Jahre in einer Wohnung in der Wilhelm-Waldeyer-Straße 14, bevor sie 1940 in ein „Ghettohaus“ in der Lindenstraße 19 gesteckt wurden.

Edith und Hans waren keine strenggläubigen Juden, sondern konfessionell eher moderat. Am 2. März 1939 erhielt Edith nach einer Verordnung der NS-Regierung vom 17. August 1938 in fluchtbedingter Abwesenheit dennoch den Zweitnamen „Sara“ zur Kennzeichnung ihres jüdischen Glaubens. Aufgrund ihrer jüdischen Vorfahren galten jedoch nach den am 15. September 1935 anlässlich des 7. NSDAP-Reichsparteitags erlassenen Nürnberger Rassengesetzen beide als „Volljuden“.

Am 10. August 1942, vergleichsweise früh, erhielt Edith die chilenische Staatsbürgerschaft. Hans Rubens erlangte den Status als chilenischer Bürger einen Monat später, am 23. September 1942.

Zertifikat chilenische Staatsbürgerschaft Edith Lorant
Zertifikat chilenische Staatsbürgerschaft Edith Lorant


Die Ehe von Edith und Hans war kinderlos. Ediths Schwager Werner Rubens bekam mit seiner Frau Rosie zwei Kinder, Daniela und David, welche Edith damals häufig besuchten. Am 27. November 1950 wurde der Zweitname „Sara“, ebenfalls in Abwesenheit von Edith, wieder entfernt. Am 6. Dezember 1959 verstarb Ediths Vater Julius Lorant im Alter von 83 Jahren. Etwas weniger als zwei Jahre später verstarb auch Ediths Mutter Selma Lorant (geb. Heymann). Sie wurde 90 Jahre alt.

Grabsteine von Selma und Julius Lorant auf dem Belloto Friedhof in Valparaiso
Grabsteine von Selma und Julius Lorant auf dem Belloto Friedhof in Valparaiso


Am frühen Morgen des 17. Dezembers 1968 erlag Hans Rubens einer langjährigen Krankheit. Edith zog in eine kleinere, aber modernere Wohnung in einer Straße namens „Condell“ um. Ein Jahr später erreichte sie das chilenische Renteneintrittsalter von 60 Jahren. Von nun an „verwöhnte“ sie in Abwesenheit eigener Kinder ihre Nichte Daniela und ihren Neffen David. 1970 besuchte Edith ihren Onkel Hugo Lorant und dessen Frau Lilly Henrietta Lorant (geb. Simon) und deren Söhne Reginald James Lorant und John Lorant in den USA. Es sollte ihre einzige Auslandsreise nach ihrer Flucht bleiben. Edith verstarb am Abend des 3. Oktobers 1985 im Alter von 77 Jahren.

Karl-Heinz Moses (r.) neben den Grabsteinen von Edith und Hans Lorant auf dem Belloto Friedhof in Valparaiso
Karl-Heinz Moses (r.) neben den Grabsteinen von Edith und Hans Lorant auf dem Belloto Friedhof in Valparaiso

 

Charaktereigenschaften, Interessen, Hobbys

Edith und ihr Mann Hans waren zwar nicht in der jüdischen Gemeinde Valparaisos aktiv, ihre Freunde waren dennoch ausnahmslos jüdischen Glaubens. Da es damals auch in Chile viele deutsche Einwanderer gab, die mit den Nationalsozialisten sympathisierten, waren die etwa 100 deutsch-jüdischen Familien gewissermaßen auf ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl angewiesen. Mit dem „Movimiento Nacional-Socialista de Chile“ gab es sogar eine nationalsozialistische Partei in Chile, deren Einfluss insbesondere auf deutsche Einwanderer trotz sehr schwacher Wahlergebnisse und geringer Mitgliederzahlen nicht zu unterschätzen war. Am 5. September 1938 scheiterte ein Putschversuch der Bewegung gegen die chilenische Regierung, was 1939 die Auflösung der Partei zur Folge hatte. Zudem gründete Hitlers Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) in Chile ab 1931 kontinuierlich Ortsgruppen, über die es gelang, viele der deutschstämmigen Bürger Chiles der nationalsozialistischen Gehirnwäsche zu unterziehen.

Edith wird von verschiedenen Seiten als eine überaus liebevolle, freundliche und intelligente Frau beschrieben. Mit ihrer besten Freundin Betty Gabbe ging Edith ausnahmslos jeden Tag einkaufen, egal, ob sie etwas brauchte oder nicht. Die Freundinnen lebten im selben Haus und waren kaum von einander zu trennen. Eine weitere Freundin Ediths war Lieselotte Tichauer (geb. Moritz), die am jüdischen Krankenhaus in Valparaiso als Krankenschwester tätig war. Als gebürtige Kölnerin soll Edith auch in Chile ihren Kölner Dialekt beibehalten haben.

Unsere Recherche

Die Grundlage unserer Recherche bildeten drei Dokumente. Von Herrn Erkelenz erhielten wir digitale Kopien zweier Seiten der Abiturientinnenliste der Königin-Luise-Schule aus dem Jahr 1928 und eine Vorarbeit einer Schülerin des letztjährigen Projektkurses. Aus der Schülerinnenliste gingen Ediths Name, Geburtsdatum, Religionszugehörigkeit und Berufswunsch hervor. Die Vorarbeit lieferte die Information, dass Edith eine Ehe mit Hans Rubens einging und dessen Nachnamen annahm. Darüber hinaus erhielten wir von den Projektleitern, Herrn Pallaske und Herrn Erkelenz, eine Liste mit verschiedenen Datenbanken, bei denen recherchiert werden konnte.

Von dieser Grundlage aus begannen wir unsere Recherche. Zu Beginn gestaltete diese sich als schwierig. Edith war weder in den Datenbanken des NS-Dokumentationszentrums noch des Bundesarchivs oder verschiedener Organisationen zum Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus wie dem „United States Holocaust Memorial Museum“ zu finden. Erst auf dem Ahnenforschungsportal Ancestry wurden wir das erste Mal fündig. Dort konnten wir einen umfangreichen Stammbaum der Familie Lorant finden, der es uns erlaubte, erste Familienzusammenhänge nachzuvollziehen. Im nächsten Schritt durchsuchten wir die Kölner Adressbücher auf Informationen. Diese Recherche war sehr aufschlussreich. Aus den Adressbüchern von 1901 bis 1939 gingen die Profession von Ediths Vater Julius und die verschiedenen Adressen, unter welchen die Familie lebte, hervor.

Der Ancestry-Eintrag für Edith Lorant lieferte uns den Hinweis, dass sie rechtzeitig aus Deutschland geflohen war und sich in Valparaiso, Chile, niedergelassen hatte. Zu diesem Zeitpunkt stockte unsere Recherche mangels einer Möglichkeit der Forschung zu Ediths Leben in Südamerika. Als wir eine Lehrerin unserer Schule, Frau Jung, die einige Jahre an einer deutschen Schule in Chile unterrichtet hatte, fragten, ob sie es für sinnvoll halte, der Stadtverwaltung Valparaisos eine E-Mail zu schreiben, verneinte sie dies, berichtete uns aber, dass sie während ihrer Zeit in Chile in Vina del Mar, einer Nachbarstadt Valparaisos, gelebt hatte. Daraufhin trat Frau Jung mit einigen Bekannten in Chile in Kontakt und vermittelte uns an einen Herrn namens Karl-Heinz Moses. Der heute 97-Jährige war 1939 ebenfalls aus dem Deutschen Reich nach Valparaiso geflohen und kannte Edith Lorant und ihre Familie. Mit Herrn Moses führten wir zwei etwa einstündige Telefongespräche, in welchen er uns viele neue Informationen geben konnte.

Zeitgleich erweiterten wir unsere Recherche auf das Portal My Heritage. Darüber gelang es uns, mit Daniela Rubens in Kontakt zu treten. Sie ist die Tochter von Ediths Schwager Werner Rubens und dessen Frau Rosie Rubens (geb. Fladow) und damit Ediths Nichte. Sie versorgte uns mit einer großen Fülle an neuen Informationen. Fünf Tage nach Kontaktbeginn mit Daniela Rubens meldete sich auch ihr Bruder David bei uns.

Der Großteil unserer Informationen zu Edith Rubens (geborene Lorant) stammt von Karl-Heinz Moses und Daniela und David Rubens.

Im weiteren Verlauf konnten wir zudem in Kontakt mit weiteren Angehörigen und anderen Personen, die Edith gekannt haben, treten. Vincent Garay-Spiegel, ein entfernter Verwandter Daniela und David Rubens‘, lieferte uns Informationen zu Familie Rubens und deren Beziehungen mit den befreundeten Familien Spiegel, Loeb und Klestadt. Susan Lorant, verheiratet mit Ediths Cousin John Lorant, konnte weitere Wissenslücken füllen.

Wir standen darüber hinaus noch mit mehreren weiteren Personen in Kontakt, die uns jedoch leider keine neuen Informationen über Edith oder ihre Familie liefern konnte. Insgesamt werden wir besonders den Kontakt mit Angehörigen sehr positiv in Erinnerung behalten, da wir uns ausnahmslos freundlichen und hilfsbereiten Menschen gegenüber sahen.

Danksagung

An dieser Stelle möchten wir uns bei den Personen bedanken, ohne deren Hilfe und Unterstützung die Arbeit, die Sie gerade gelesen haben, nicht hätte entstehen können.

Wir danken Daniela Rubens und ihrem Bruder David Rubens für die vielen privaten Fotos und Anekdoten. Ohne Eure zahlreichen E-Mails wären wir auf keinen Fall in der Lage gewesen, eine derart detaillierte Biografie über das Leben Eurer Tante zu erstellen. Wir sind froh, Eure Bekanntschaft gemacht zu haben.

Großer Dank gebührt ebenfalls Herrn Karl-Heinz Moses. Die Telefonate mit Ihnen waren faszinierend und haben es uns erlaubt, etliche offene Fragen zu beantworten. Vielen Dank, dass Sie bereit waren, mit uns zu sprechen und Ihre Erinnerungen mit uns zu teilen.

Weiterhin sind wir Frau Jung und ihrem Mann vielmals für ihre alles andere als selbstverständliche Hilfe bei der Erforschung der Zeit, die Edith nach ihrer Flucht in Chile verbracht hat, zu Dankbarkeit verpflichtet. Ohne Ihr Engagement wäre der Kontakt mit Herrn Karl-Heinz Moses niemals zustande gekommen.

Auch Herr Basalamah vom NS-Dokumentationszentrum war uns im Zuge der Recherche eine große Hilfe. Danke, dass Sie stets auf alle unsere Fragen eine Antwort hatten und die Stolpersteinverlegungen für die Familie von Ediths Schwager Rudolf Rubens in die Wege geleitet haben.

Unser Dank geht ebenfalls an Herrn Vincent Garay-Spiegel, Herrn Amikam Zur, Herrn Shmuel Rubens, Frau Eva Tichauer Moritz und Frau Susan Lorant für Ihre Beiträge zu unserer Recherche.

Außerdem danken wir Lisa Hummel und Marc-André Schnober vom Historischen Archiv der Stadt Köln, Nils Ingenfeld vom Historischen Archiv der Universität zu Köln, Sabine Knippel von der virtuellen Auskunft der Universität zu Köln und Jörg Franzkowiak vom Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Ihre fachkundige Unterstützung hat uns in unserer Recherche sehr geholfen.

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