Hannelore Klestadt (verh. Goldenberg Harpaz)
verfasst von den Teilnehmern des Zusatzkurses Geschichte der Q2 (Abi 25)
Vorwort
Jakob Hugger, Leo Wameling und Luca Zubizarreta
„Wozu die ganze Aufarbeitung? Ist es nicht langsam mal gut, an der Vergangenheit festzuhalten, und Zeit, in die Zukunft zu blicken?“
Diese Fragen stellen sich viele Menschen in Deutschland leider immer häufiger.
Klar, es ist wichtig, sich nicht allzu sehr an der Vergangenheit festzuklammern. Das heißt jedoch nicht, sie in Vergessenheit geraten und ruhen zu lassen. Vor allem im heutigen Leben. In einer Zeit, in der Frauen aufgrund ihres Geschlechts verfolgt werden. In einer Zeit, in der Menschen aus dem Land, indem sie leben, arbeiten und Steuern zahlen, zurück in ihr Herkunftsland deportiert werden sollen, das sie bewusst hinter sich gelassen haben. In einer Zeit, in der Menschen auf Grund ihrer Herkunft verurteilt werden. In einer Zeit, in der Menschen wegen ihrer Religion diskriminiert, mit Vorurteilen konfrontiert und noch immer verfolgt werden.
Bereits seit sieben Jahren befasst sich unsere Schule mit der Aufarbeitung der Verbrechen des NS-Regimes und gedenkt der Opfer in Form zahlreicher Stolpersteine. So hat nicht nur unsere Schule eine enge Verbindung zu diesem Thema, sondern auch einzelne Klassen oder Kurse zu einzelnen Opfern.
Im März 2024 fand an unserer Schule eine Gedenkfahrt nach Krakau statt. Diese Fahrt wurde für die Q1 und Q2 angeboten und erstreckte sich über fünf Tage. Während dieser fünf Tage erfuhren wir mehr über die Verbrechen der Nationalsozialisten an den Juden, die nach Krakau deportiert wurden. Das hätten wir höchstwahrscheinlich nicht so detailliert im Unterricht besprochen. Innerhalb dieser fünf Tage machten wir unter anderem einen Tagesausflug nach Auschwitz und Birkenau. An diesen beiden Orten wurden wir nicht nur mit Fakten zur Vergangenheit konfrontiert – es war auch eine sehr emotionale Erfahrung. Dieser „Besuch" hat einigen von uns, wenn nicht sogar allen, die Auswirkungen dieses Verbrechens noch einmal verdeutlicht. Durch diese direkte Konfrontation ist uns allen in ganz besonderer Weise bewusst geworden, wie wichtig es ist, diese Vergangenheit nicht ruhen zu lassen, sondern weiter darüber aufzuklären - egal wie lange es her ist.
In unserem Zusatzkurs Geschichte wurden uns mehrere Themen für den Unterricht vorgeschlagen und wir hatten die Möglichkeit, uns zwei Themen auszuwählen, die unserem Interesse entsprachen. Im ersten Halbjahr haben wir uns für die„Täterperspektive“ entschieden. Wir haben uns mit den verschiedenen Tätertypen und ihren Motiven beschäftigt, weil wir verstehen wollten, wie ganz normale Menschen zu Tätern werden konnten. Beunruhigend war dabei vor allem, dass wir uns in manchen Denkweisen und Rechtfertigungen der Täter selbst wiedererkannt haben – und dass einige ihrer inneren Konflikte uns erschreckend vertraut vorkamen. Diese Erkenntnis hat uns schockiert und noch deutlicher gemacht, wie wichtig es ist, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Uns ist aufgefallen, wie wenig uns im „normalen" Geschichtsunterricht beigebracht wird. Auch wenn oft eine bedrückende Stimmung in unserem Kurs herrschte, ließ sich trotzdem ein immer weiter wachsendes Interesse verspüren. Wir hatten emotionale Diskussionen und Gespräche, die uns nur noch näher an das Thema herangebracht haben.
In unserem zweiten Quartal haben wir uns dafür entschieden, die Biografie von Hannelore Klestadt,
einer ehemaligen jüdischen Schülerin unserer Schule, zu erforschen. Wir haben uns jetzt für die „Opferperspektive“ entschieden, weil uns das Thema bereits zuvor tief berührt hatte. Im Kurs waren wir uns einig, dass es nach all den behandelten Themen wichtig war, auch diese Perspektive näher zu beleuchten. Ebenso lag es uns am Herzen, eine Biografie zu schreiben, um die Geschichte eines einzelnen Menschen greifbar zu machen.
Keiner von uns hatte Erfahrung mit der Erforschung einer Biografie. Uns wurde eine Einführung gegeben, wie wir am besten vorgehen sollten, außerdem eine Liste mit Ressourcen für die Recherche wie zum Beispiel Gedenkbüchern, historischen Adressbüchern oder auch Ahnenforschungsportalen. Eine weitere Information, die uns gegeben wurde, war, dass es bis zum Beginn unserer Forschung keine Hinweise zu Hannelore Klestadt gab. Dies führte zu unterschiedlichen Reaktionen. Zum einen war es etwas demotivierend, weil zu diesem Zeitpunkt schlicht keine Informationen über Hannelore Klestadt zu finden waren. Zum anderen gab es aber auch große Motivation, weil der Ansporn, etwas zu finden, immer größer wurde.
Nach nur zwei Unterrichtsstunden konnten wir erste Ergebnisse vorweisen. Namen, eine Adresse, eine Familie. Mit jedem weiteren Recherchetag bekamen wir einen tieferen Einblick in ihr Leben. Plötzlich war sie nicht mehr nur ein Name, sondern ein Mensch mit einer Geschichte. Eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden.
Erinnern ist mehr als eine Pflicht. Es ist ein Versprechen. Ein Versprechen, dass wir nicht wegsehen. Dass wir nicht vergessen. Dass wir niemals zulassen, dass sich Geschichte wiederholt.
Dirk Erkelenz
Nach Jahrzehnten des Vergessens die Lebensgeschichten von Opfern der NS-Diktatur rekonstruieren zu wollen, ist immer eine besondere Herausforderung. Ihre Lebenswege wurden von den Nazis zerstört, die Erinnerung an sie unterdrückt. Zudem handelt es sich in aller Regel nicht um Prominente, sondern um ganz normale Menschen, die nur wenige Spuren in der Öffentlichkeit hinterlassen haben.
Für ehemalige jüdische Schülerinnen der Königin-Luise-Schule (KLS) gilt dies in besonderem Maße, denn hier liegt eine besonders schlechte Überlieferungslage vor. Es gibt – anders als an manchen anderen Schulen – so gut wie gar keine Quellen. Die meisten Schuldokumente wurden im Krieg zerstört, der spärliche Rest fiel dem Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln im Jahr 2009 zum Opfer und ist auf Dauer verloren oder auf lange Sicht nicht benutzbar.
Der Fall „Hannelore Klestadt“ stellte – nicht nur angesichts dieser grundsätzlichen Schwierigkeiten – noch eine ganz besonders „harte Nuss“ dar. Das begann bereits bei der Identifizierung.
Der einzige Hinweis darauf, dass es an der KLS einmal eine jüdische Schülerin dieses Namens gegeben hat, stammt von einem alten Foto. Dieses Foto fand vor langer Zeit seinen Weg ins Archiv des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln. Eine ehemalige nichtjüdische Mitschülerin hatte es neben anderen Unterlagen aus ihrer Schulzeit dort abgegeben. Durch Zufall fand dieses Foto dann vor kurzem den Weg aus dem NS-Dokumentationszentrum zu uns, im Rahmen einer ganz anderen Untersuchung.
Es sollte sich um das Abschlussfoto der Untersekunda a (10. Klasse) aus dem Jahr 1937 handeln. Auf dem Foto waren die Namen des Klassenlehrers, der Stifterin sowie der jüdischen Mitschülerinnen vermerkt, darunter auch Hannelore.
Darüber hinaus wussten wir nichts – weder ihr Geburtsdatum, noch die Adresse oder die Namen der Eltern. Denn selbst im NS-Dokumentationszentrum war über dieses Mädchen gar nichts bekannt – ein Fall, der nur äußerst selten auftritt.
Schon an den Ausgangsinformationen war Vieles problematisch, denn nach so langer Zeit war die Erinnerung der Stifterin nicht mehr präzise. Wie sich nach längerer Untersuchung ergab, zeigte das Foto zwar die betreffende Klasse, aber zu einem anderen Zeitpunkt. Es stammte aus dem Schuljahr 1934/35, abgebildet war die damalige Untertertia a (8. Klasse). Auch Hannelores Nachname war falsch überliefert, sie hieß „Klestadt“, nicht „Kleestadt“. Diese Unterschiede mögen marginal erscheinen. Doch bei der Suche in Datenbanken entscheidet die korrekte Schreibweise von Namen über Erfolg und Misserfolg. Und nur über die korrekte Identifizierung des Jahres konnten wir Hannelores Geburtsdatum zumindest eingrenzen. Auch das war von entscheidender Bedeutung, denn wir stießen auf eine zusätzliche Schwierigkeit.
Es gab noch ein weiteres Mädchen gleichen Namens und ähnlichen Alters. Diese Hannelore Klestadt wurde am 9. September 1923 in Oberhausen geboren. Zu einem späteren Zeitpunkt zog sie mit ihrer Familie ebenfalls nach Köln, und schließlich floh auch sie – wie „unsere“ Hannelore – nach Großbritannien.
Mehrfach hat sie bei der Recherche unseren Weg gekreuzt, es war schwierig, beide zu unterscheiden - und manchmal auch enttäuschend. Denn nicht nur einmal mussten wir sicher geglaubte Erkenntnisse verwerfen, weil sie doch die „andere“ Hannelore betrafen.
Nachdem wir „unsere“ Hannelore sicher identifiziert hatten, ergab sich aber noch eine weitere Schwierigkeit. In zwei genealogischen Datenbanken fanden wir Informationen zu ihrem Leben, die von Nachkommen stammten. Im einen Fall war dies die Tochter von Hannelores Ehemann aus seiner zweiten, späteren Ehe aus Israel. Im anderen Fall war es eine Urenkelin von Hannelores Tante aus Großbritannien. Leider widersprachen sich die Informationen an manchen, auch sehr zentralen Stellen – das begann schon bei Hannelores exaktem Geburtsdatum. Der Versuch einer Kontaktaufnahme war bisher leider nicht erfolgreich.
Das liegt auch an der letzten und vielleicht größten Herausforderung bei dieser Recherche: den Rahmenbedingungen. Normalerweise werden solche biographischen Studien an der KLS im Projektkurs Geschichte durchgeführt. Dies ist ein Forschungskurs, in dem Freiwillige aus den Leistungs- und Grundkursen Geschichte ein eigenständiges Projekt verfolgen. Sie haben dafür ein ganzes Jahr Zeit, bringen aus dem Unterricht gesicherte fachmethodische Kenntnisse und ein breites Hintergrundwissen mit, und sie arbeiten in der noch vergleichsweise entspannten Phase vor Beginn des letzten Halbjahres der Q2, das bereits im Zeichen des Abiturs steht.
In unserem Fall hat sich der Zusatzkurs Geschichte der Q2 dafür entschieden, dieses Projekt anzugehen, und das auch erst im 2. Kurshalbjahr. Insgesamt standen uns damit nicht einmal 10 Wochen zur Verfügung, beeinträchtigt zudem durch erheblichen Stundenausfall aus unterschiedlichsten Gründen, durch die Vorabiturklausuren und weitere Beanspruchung durch das näher rückende Abitur. Und bei allem Interesse und Engagement machen sich die fehlenden methodischen und historischen Kenntnisse zwangsläufig doch bemerkbar.
Trotz all dem war es möglich, in einer Gemeinschaftsleistung die Biographie von Hannelore Klestadt nicht nur zu rekonstruieren, sondern auch zu verfassen, und das in einer mehr als respektablen Breite. Das ist dem Interesse und Engagement, dem Fleiß, der Akribie und Kreativität der Kursteilnehmer:innen zu verdanken. Und es zeigt, wozu Schüler:innen auch unter sehr schwierigen Bedingungen in der Lage sind, wenn sie sich ein Projekt zu eigen machen.
Der letzte Beweis für dieses Engagement ist es, dass der Kurs gemeinschaftlich beschlossen hat, die Patenschaft für einen Stolperstein für Hannelore Klestadt zu übernehmen.
Quellen:
Bericht über das Schuljahr 1934/35. Königin-Luise-Schule Köln (Schularchiv);
Informationen aus dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (Mail vom 14.03.2025);
Klassenfoto: „Letzter Schultag der U II a“ (NS-Dokumentationszentrum N1486,13);
Profil von Hannelore Klestadt bei ancestry.com: https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/174311910/person/402262209818/facts?_phsrc=KIz1329&_phstart=successSource (angelegt von Lynette Alston, der Urenkelin von Hannelores Tante);
Profil von Hannelore Klestadt bei geni.com: https://www.geni.com/people/Hannelore-Goldenberg-Harpaz/6000000052015373841 (angelegt von Orit Goldenberg Harpaz Neeman, der Tochter von Harry Goldenberg aus zweiter Ehe);
Stolperstein für Hannelore Klestadt (* 09.09.1923 in Oberhausen): https://gedenkhalle-oberhausen.de/wp-content/uploads/2024/03/Stolpersteine2024.pdf.

Lily Borm, Elisabeth Dorenkamp, Mina Pachutani und Sophia Theofylaktopoulos
Hannelore Klestadt wird am 13. Oktober 1921 in Köln als Tochter von Henny und Hans Klestadt in eine jüdische Familie geboren. Auch sie selbst ist jüdischer Konfession. Henny, gebürtige Schloss, wird am 6. Mai 1886 in Kitzingen in Bayern geboren. Vier Jahre später, am 2. Juni 1890, kommt Hans Klestadt in Bamberg, ebenfalls in Bayern, als zweiter von sechs Söhnen zur Welt. Sein älterer Bruder Fritz wird ein Jahr zuvor (1889) geboren. Später folgen Ernst (1892), Otto (1893), Paul (1899) und Kurt (1909). Ihr Vater, Karl Klestadt (1863-1930), ist Oberkantor und Religionslehrer der jüdischen Gemeinde in Bamberg, ihre Mutter ist Sophie, geb. Bernheimer (1863-1938).
Hans Klestadt geht 1910 wohl zunächst nach Berlin. Vor dem Ersten Weltkrieg ist er dann bei der renommierten Spielzeugfabrik „Gebrüder Bing“ in Nürnberg angestellt, er arbeitet als Kaufmann bzw. „Reisender“ – also als Vertreter – für Spielwaren. Ab 1915 dient er für Deutschland an der Seite seiner Brüder
an der Front bis zum Ende des Ersten Weltkrieges.
Auch Hennys Eltern, Lazarus Schloss (1858-1891) und Klara geb. Stern (gest. 1926), sind Juden. Henny hat zwei Schwestern, Ella (1885-1911) und Frieda (1889-1992), beide wie sie geboren in Kitzingen. Der Vater stirbt bereits 1891, die Mutter Klara heiratet 1896 erneut, und zwar einen Mann namens Ferdinand Glaser. Aus dieser Ehe stammt ebenfalls eine Tochter, Ilse Glaser (1897-1989). Da Henny und ihre Schwestern beim Tod des Vaters noch sehr jung sind, wachsen sie sicher gemeinsam mit ihrer Halbschwester auf.
Hennys Schwestern, Frieda und Ella, ziehen bereits vor dem Ersten Weltkrieg nach London. Dort heiraten sie die Brüder Maurice (1882-1954) und Arthur Teitz (1880-1965). Beide stammen aus Radom in Polen, sind aber ebenfalls bereits vor dem Ersten Weltkrieg nach England gekommen. Ella und Arthur bekommen eine Tochter Lizette Teitz, geboren 1906 in London. Ella stirbt aber schon 1911.
Henny selbst ist vor ihrer Ehe mit Hans Klestadt, dem Vater von Hannelore, bereits einmal verheiratet. 1908 heiratet sie in Fulda Josef Eschwege (1877-1916) aus einer alteingesessenen jüdischen Familie aus Fulda. Trotz seines fortgeschrittenen Alters kämpft auch er im Ersten Weltkrieg und fällt 1916, vermutlich während der Kämpfe um Verdun 1916.
Hans Klestadt kehrt nach Kriegsende, Ende 1918 oder Anfang 1919, nach Bamberg zurück. Nach seiner Rückkehr arbeitet er wieder als Vertreter für Spielwaren. Wie Hans und Henny sich kennenlernen, wissen wir nicht. Aber im September 1919 geben sie ihre Verlobung bekannt. Henny wohnt noch in Fulda, Hans bereits in Köln in der Uhlandstraße in Lindenthal.

Wenig später heiraten beide in Köln, im Oktober 1921 wird die gemeinsame Tochter Hannelore geboren. Die Familie wohnt zu diesem Zeitpunkt in der Krementzstraße in Köln-Lindenthal.
Es lässt sich annehmen, dass Hannelores Familie vollkommen in die deutsche Gesellschaft integriert ist. Sowohl ihr Vater als auch seine Brüder kämpfen im Ersten Weltkrieg und verteidigen ihre Heimat. Ganz sicher verstehen sie sich als Deutsche, als „Deutsche jüdischer Konfession“. Zudem schicken Hans und Henny später ihre Tochter Hannelore auf eine höhere städtische Mädchenschule und nicht auf die jüdische Schule Jawne. Da beide Schulen nah beieinander liegen, ist davon auszugehen, dass diese Entscheidung nicht aufgrund der besseren Lage der Schule getroffen wird. Manches deutet darauf hin, dass Familie Klestadt durchaus eine ausgeprägte religiöse jüdische Identität hat. Eine strenge oder sogar orthodoxe Bildung ihrer Tochter scheint aber für die Eltern nicht wichtig zu sein.
Quellen:
Gedenkbuch der jüdischen Bürger Bambergs: https://fis.uni-bamberg.de/server/api/core/bitstreams/2261047b-fe8e-4bec-83d3-760fd42a0eed/content;
Grevens Adressbuch für Köln und Umgebung insbesondere auch Mülheim am Rhein und Kalk, URL: https://services.ub.uni-koeln.de/cdm4/document.php?CISOROOT=%2F_RHV&CISOPTR=97891
Informationen aus dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (Mail vom 21.03.2025);
Informationen zur Familie Eschwege in Fulda: https://juden-in-fulda.org/familie-eschwege-simon/ https://juden-in-fulda.org/geschichtlicher-ueberblick/
Profil von Hannelore Klestadt bei ancestry.com: https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/174311910/person/402262209818/facts?_phsrc=KIz1329&_phstart=successSource;
Profil von Hannelore Klestadt bei Geni: URL: https://www.geni.com/people/Hannelore-Goldenberg-Harpaz/6000000052015373841
Mia Jakubowitz und Juli Ramberger
Hannelore Klestadt wird am 13.10.1921 geboren. Sehr früh lassen sich ihre Eltern wieder scheiden, Hannelores Vater Hans heiratet schon 1923 erneut. Mit nicht einmal zwei Jahren ist Hannelore ein „Scheidungskind“ und muss bereits vor ihrer Einschulung mit getrennten Eltern leben. Ein möglicher Grund für die Scheidung ihrer Eltern könnten die Umstände ihrer Eheschließung 1919 sein. Hans ist gerade erst aus dem Krieg zurückgekehrt, Henny hat als junge Kriegerwitwe schon längere Zeit „alleine“ in einer „fremden“ Stadt gelebt. Vielleicht suchen beide in dieser Situation Trost und Nähe und gehen zu schnell die Ehe ein. Da Hannelore zum Zeitpunkt der Scheidung noch sehr jung ist, erfährt sie schon sehr früh emotionale Belastung durch die familiäre Situation. Angesichts ihres Alters lebt sie nach der Trennung aller Wahrscheinlichkeit nach bei ihrer Mutter.
Ob Hannelore mit ihrem Vater weiterhin in Kontakt steht, ist nicht bekannt. Ebenso können wir nur vermuten, dass er Unterhalt zahlt oder die Familie finanziell unterstützt. Wir wissen ebenfalls nicht, ob Hannelores Mutter einen neuen Partner findet. Sie heiratet aber wohl nicht erneut und behält den Namen „Klestadt“.
Unter diesem Namen wohnt sie weiterhin (mit Hannelore ?) in der Krementzstraße 22 in Lindenthal, später zieht sie in die Kamekestraße 37 (in der Nähe der KLS). In der Umgebung befindet sich auch ihr Geschäft: Henny arbeitet als selbstständige Geschäftsfrau und betreibt in der Christophstraße 15 eine Wein- und Zuckerwarenhandlung.

Wohl 1927 wird Hannelore in eine Grund- oder Volksschule eingeschult, mit gerade einmal 5 1/2 Jahren. Zu dieser Zeit bleibt der überwiegende Teil der Kinder dort bis zum Volksschulabschluss nach der achten Klasse und geht anschließend in eine Berufstätigkeit; nur ein geringer Teil besucht eine höhere Schule. Auch Hannelore gehört zu diesen wenigen. Ihre Mutter Henny hat ihr eigenes Geschäft, ihre wirtschaftliche Lage erlaubt den Zugang zur höheren Schule für Hannelore, und Henny möchte ihrer Tochter das auch ermöglichen.
Sie schickt Hannelore aber nicht auf eine jüdische Schule, obwohl es in der Nähe ihrer Wohnung seit 1919 ein jüdisches Gymnasium gibt, die Jawne. Sie wählt stattdessen die KLS, eine städtische höhere Mädchenschule. Dort wird Hannelore 1931 mit knapp 10 Jahren aufgenommen. Die KLS ist bei jüdischen Familien sehr beliebt, viele schicken ihre Töchter dorthin, vor allem liberale und auf Integration bedachte Familien.
Daher sind zu diesem Zeitpunkt jüdische Schülerinnen an der KLS deutlich überrepräsentiert, im Jahr 1931 liegt ihr Anteil bei knapp 5 Prozent (33 von 713). Dies ist vor allem auffällig, weil der jüdische Anteil in der Kölner Bevölkerung nur bei knapp 2 Prozent liegt. In Hannelores Einschulungsklasse, der Sexta a, befinden sich insgesamt sogar 7 jüdische Mädchen (von 45), hier liegt ihr Anteil bei fast 16 Prozent.

Im Schuljahr 1934/35 geht Hannelore bereits in die Untertertia (8. Klasse). Da sie von der fünften bis zur achten Klasse keine Stufe wiederholt hat, kann sie als gute Schülerin angesehen werden. Zumindest aber verläuft ihre Schullaufbahn erfolgreich und ohne Unterbrechungen. Das gilt nicht für alle Mädchen in dieser Klasse. Von ihren ursprünglich sieben jüdischen Mitschülerinnen haben vier die KLS bereits wieder verlassen (allerdings schon vor 1933), und auch einige nichtjüdische „schaffen“ es offenbar nicht.

Quellen:
Ergänzungsmeldungen zu den Jahresberichten – Rheinprovinz (öffentliche Mädchenschulen) 1930/31–1934/35 (DIPF/BBF/Archiv, Berlin)
Grevens Adressbuch für Köln und Umgebung insbesondere auch Mülheim am Rhein und Kalk, URL: https://services.ub.uni-koeln.de/cdm4/document.php?CISOROOT=%2F_RHV&CISOPTR=97891
Jüdische Schülerinnen und Schüler an Kölner Gymnasien. Ihre Geschichte(n) zwischen Integration, Ausgrenzung und Verfolgung, hg. D. Erkelenz/T. Kahl, Berlin 2023, S. 52ff.
Profil von Hannelore Klestadt bei ancestry.com: https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/174311910/person/402262209818/facts?_phsrc=KIz1329&_phstart=successSource;
Profil von Hannelore Klestadt bei Geni: URL: https://www.geni.com/people/Hannelore-Goldenberg-Harpaz/6000000052015373841
Schuljahresbericht der Königin-Luise-Schule 1934/35 (Schularchiv)
Informationen aus dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (Mail vom 21.03.2025)
Rocco Dorbach
Mit der Machtübernahme der Nazis 1933 wird das Leben für Juden in Deutschland sehr schnell immer schwieriger. Das gilt in allen Lebensbereichen, auch an den Schulen. Hannelore wird dennoch während ihrer gesamten Schulzeit jedes Jahr ohne Ausnahme versetzt, auch ab 1933. Ihr „Jüdisch-Sein“ schränkt sie also nicht so maßgeblich ein, dass es ihre schulische Laufbahn erheblich gefährdet. Wie sich das Verhältnis zu den Mitschülerinnen entwickelt, wissen wir nicht. Auf dem Klassenfoto sehen wir aber ein fröhliches, lachendes Mädchen inmitten ihrer Klasse. Nicht deutet darauf hin, dass sie – oder ihre beiden jüdischen Mitschülerinnen Elsbeth Salomon und Margarete Lichtenstein – isoliert wären.

Dennoch verlässt sie zum Ende des Schuljahres 1934/35 die Schule. Gleichzeitig mit ihr geht auch Elsbeth Salomon. Margarete Lichtenstein aber bleibt noch für beinahe ein Jahr auf der KLS, 13 weitere jüdische Schülerinnen sogar bis 1938.

Es wäre Hannelore also sehr wohl möglich, weiterhin die KLS zu besuchen. Welche Gründe bewegen sie dazu, die Schule dennoch zu verlassen? Wir haben zwar keine expliziten Informationen. Doch Vieles in dieser Zeit muss Hannelore und ihre Mutter unmittelbar betreffen.
Am 8. Juli 1935 tritt ein Gesetz in Kraft, das besagt, dass nur noch „Arier“ Mitglieder in der „Reichsschaft der Studierenden“ sein dürfen. Juden dürfen also gar nicht mehr studieren. Es ist zu diesem Zeitpunkt nicht untypisch, sich dafür zu entscheiden, einen praktischen Beruf zu erlernen, da eine weiterführende schulische Bildung für das Berufsleben nicht mehr von allzu großem Nutzen ist. Dies könnte ein möglicher Grund für Hannelores Abgang von der Schule sein. Auf der einen Seite kann ein praktischer Beruf ganz simpel eine bessere Aussicht für ihre Zukunft darstellen, es ist aber oft auch eine Voraussetzung für die Auswanderung, da eine Schulausbildung im Ausland oft wenig wert ist, praktische Berufe aber gesucht werden.
Ein weiterer Grund könnte die Umfunktionierung der „Reichsfluchtsteuer“ am 18. Mai 1934 sein. Ursprünglich zur Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise gedacht, dient sie jetzt der Ausplünderung ausreisewilliger Juden. Zu diesem Zeitpunkt ist es für Hannelores Familie eventuell schon absehbar, dass die Ausreisebedingungen in Zukunft noch komplizierter werden. Aus diesem Grund hat sich Hannelore vielleicht schon zu diesem Zeitpunkt für die Ausreise entschieden, weshalb sie die Schule verlässt.
Durch gesetzliche Diskriminierung, aber auch soziale Ausgrenzung gegenüber Juden wird die Lage für jüdische Geschäfte ab 1933 nicht besser. Die Eltern sind seit 1923 getrennt und es ist unklar, ob der Vater noch Kontakt zu ihnen hat, geschweige denn Unterhalt zahlt. Möglicherweise ist das Geschäft der Mutter die einzige finanzielle Stütze der Familie, die aufgrund der neuen Gesetze allmählich wegbricht. Die am 1. März 1935 erlassenen Verordnungen verschärften die finanzielle Situation zusätzlich.
Bereits im April 1933 gibt es den ersten aggressiven „Boykott“ jüdischer Geschäfte durch die Nazis, in der Folge wenden sich die nichtjüdischen Kunden zunehmend ab. Freie Lehrmittel und Erziehungsbeihilfen für jüdische Schüler werden gestrichen. Unter diesen Umständen könnte es für Hannelores Mutter auch schlicht nicht mehr möglich sein, ihre Tochter weiter zur Schule zu schicken – geschweige denn, ein Studium in Betracht zu ziehen (bevor klar ist, dass das Studium für jüdische Bürger sowieso nicht mehr möglich sein wird).
Dies könnten mögliche Erklärungen dafür sein, wieso Hannelore die Schule verlässt. Auch wenn diese Vermutungen nicht allzu unwahrscheinlich sein mögen, bleiben es aber nur Vermutungen – konkret wissen wir über die Gründe nichts, was man immer im Hinterkopf behalten sollte.
Nachdem sie die Schule verlassen hat, haben wir bis zu ihrer Heirat in London im Jahr 1946 keine weiteren Informationen über sie. Aus diesem Grund kann man auch weiterhin nur Vermutungen über ihr Leben zu dieser Zeit anstellen. Wir wissen, dass es Hannelore letztendlich gelingt, nach England zu entkommen. Wann und auf welchem Wege das geschieht, wissen wir nicht. Nach – allerdings sehr ungenauen – Informationen von Seiten ihrer Familie (bei Ancestry) geschieht dies „about 1938“. Sollte dies zutreffen, erlebt Hannelore noch drei Jahre lang die immer weiter zunehmende Diskriminierung in Deutschland.
Besucht sie noch weiter eine Schule? Ihre Schulpflicht hat sie mit dem Abschluss der Untertertia an der KLS bereits erfüllt. Vielleicht wechselt sie – wie so viele andere jüdische Kinder – auf die Jawne. Vielleicht besucht sie auch eine berufliche Schule oder macht eine Ausbildung. All das wissen wir nicht.
Klar ist aber, dass die Gesetze, die ab 1933 nach und nach erlassen werden, ihre Freiheit erheblich einschränken.
Ab dem Frühjahr 1933 werden z.B. Juden aus Sportvereinen und Jugendorganisationen ausgeschlossen. Wenn Hannelore vorher in einem Sportverein oder einer Jugendgruppe aktiv war, verliert sie nicht nur ein Hobby, sondern auch wichtige soziale Kontakte. Dies kann zu Isolation, dem Gefühl von „Nicht-dazugehören“ und einem ersten Bruch mit ihrer bisherigen Lebenswelt führen. Auch das individuelle Sporttreiben an öffentlichen Plätzen und Einrichtungen wird untersagt.

Am 15. Januar 1935 werden Vererbungslehre und Rassenkunde als verpflichtendes Unterrichtsfach angeordnet. Circa ein Jahr später, am 1. Januar 1936, wird der jüdische Religionsunterricht verboten. Damit wird Hannelore nicht nur vom Lernen über ihre eigene Religion und Kultur abgehalten, sondern muss bis zu ihrem Schulabbruch noch ein halbes Jahr lang die Propaganda über die vermeintliche Überlegenheit der „arischen Rasse“ ertragen – und ihre eigene angebliche „Minderwertigkeit“. Ab 1935 ist es ihr ebenfalls verboten, Gaststätten, Kinos oder Parkanlagen zu besuchen. Im September 1935 werden Hannelore und ihre Mutter durch die „Nürnberger Gesetze“ zu Bürgern zweiter Klasse, beide verlieren das Wahlrecht. Hannelore darf in Zukunft keine Beziehung mehr zu einem nicht-jüdischen Jungen eingehen, denn das gilt als „Rassenschande“ und ist strafbar. Ab 1937 wohnt Henny (und Hannelore ?) in der Kamekestraße 2. Ob dieser Umzug mit der zunehmenden Diskriminierung und Einschränkung zu tun hat, wissen wir nicht.
1938 steigert sich die Verfolgung noch einmal enorm. Hannelore und ihre Mutter müssen ihr Vermögen offiziell melden. In Krankenhäusern werden sie getrennt von den „arischen“ Patienten behandelt. Die sowieso schon komplizierte Situation für das Geschäft der Mutter wird noch weiter erschwert, als ab dem 14. Juni 1938 jüdische Betriebe als solche zu kennzeichnen sind. Ab August 1938 haben beide den zusätzlichen Vornamen „Sara“ als Hinweis auf ihre jüdische Herkunft zu tragen (bei Männern „Israel“). Wenig später stempelt man zusätzlich ein großes rotes „J“ in ihre Pässe.
Am 9. November 1938 findet schließlich die „Reichspogromnacht“ statt, bei der in einer reichsweit gesteuerten Aktion jüdische Geschäfte und Wohnungen verwüstet und Synagogen niedergebrannt werden. Ob Hannelore zu diesem Zeitpunkt noch in Köln ist, wissen wir nicht. Ihre Mutter Henny erlebt diesen Gewaltexzess aber wohl mit. Ob sie davon direkt betroffen ist, wissen wir nicht. Die unmittelbaren Folgen muss sie aber auf jeden Fall tragen. In einer an Zynismus nicht mehr zu überbietenden Aktion sollen die jüdischen Deutschen selbst für die Schäden aufkommen, die man ihnen angetan hat. Für diese „Sühneleistung“ muss auch Henny 20 Prozent ihres Vermögens an den Staat abgeben.
Im Dezember hat sie ihre Wertsachen – Aktien, Kunst, Edelmetall – zuerst anzumelden, kurz darauf bei staatlichen Ankaufsstellen zwangsweise zu verkaufen – natürlich weit unter Wert. Ab dem 12. November 1938 dürfen Juden schließlich keinerlei Unternehmen mehr betreiben. Das Geschäft von Hannelores Mutter wird also auf nicht mehr weiter bestehen können, spätestens jetzt verliert sie ihre Existenzgrundlage.
Quellen:
Grevens Adressbuch für Köln und Umgebung insbesondere auch Mülheim am Rhein und Kalk, URL: https://services.ub.uni-koeln.de/cdm4/document.php?CISOROOT=%2F_RHV&CISOPTR=97891;
Klassenfoto: „Letzter Schultag der U II a“ (NS-Dokumentationszentrum N1486,13);
Liste antijüdischer Rechtsvorschriften im Deutschen Reich 1933-1945 (Wikipdeia: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_antij%C3%Bcdischer_Rechtsvorschriften_im_Deutschen_Reich_1933%E2%80%931945);
Ergänzungsmeldung zu den Jahresberichten – Rheinprovinz (öffentliche Mädchenschulen) 1935/36 (DIPF/BBF/Archiv, Berlin);
Jüdische Schülerinnen und Schüler an Kölner Gymnasien. Ihre Geschichte(n) zwischen Integration, Ausgrenzung und Verfolgung, hg. D. Erkelenz/T. Kahl, Berlin 2023, S. 52ff.;
Profil von Hannelore Klestadt bei ancestry.com: https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/174311910/person/402262209818/facts?_phsrc=KIz1329&_phstart=successSource;
Profil von Hannelore Klestadt bei Geni: URL: https://www.geni.com/people/Hannelore-Goldenberg-Harpaz/6000000052015373841.
Paul Klein und Julian Schwers
Unser einziger Hinweis auf Hannelores Ausreise stammt aus einer genealogischen Datenbank (Geni.com). Dort heißt es, Hannnelore sei „about 1938“ nach England geflohen. Die Angabe ist vage, zudem kann sie einen längeren Zeitpunkt bezeichnen. Wann genau und auf welchem Wege Hannelore nach England kommt, wissen wir nicht.
Die Einwanderungsgesetze in England sind inzwischen sehr streng, wie in anderen Ländern schottet man sich auch hier gegen die jüdischen Flüchtlinge ab, die vor allem aus Deutschland kommen. Für eine erfolgreiche Einreise gibt es daher nicht viele Erklärungen.
Die größten Chancen bieten sich für Kinder und Jugendliche, und zwar über die sogenannten „Kindertransporte“. Unter dem Eindruck der „Reichspogromnacht“ stimmt die englische Regierung zu, jüdische Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 17 Jahren „vorübergehend“ aufzunehmen und in Pflegefamilien unterzubringen. In Köln werden die Transporte von Dr. Erich Klibansky organisiert, dem Direktor des jüdischen Gymnasiums Jawne. Ihm gelingt es so, insgesamt etwa 130 Kinder zu retten, vor allem Schüler und Schülerinnen der Jawne, aber auch andere. Unter ihnen befinden sich auch zahlreiche Mädchen, die vor 1938 die KLS besuchten (siehe zu den Kindertransporten ausführlich auch die Biographie von Hilde Edith Levi im Gedenkbuch der KLS: https://www.koenigin-luise-schule.de/gedenkbuchdetails-ueberlebende/hilde-edith-levi.html). Hannelore, die im Oktober 1938 17 Jahre alt wird, wäre noch im „richtigen“ Alter. Die Transporte für Mädchen starten aber erst im Februar 1939. So ist unklar, ob sie auf diesem Weg nach England kommt.
Ein weiterer Weg ist das sogenannte „Dienstmädchenprogramm“. Schon seit den 1920er Jahren herrscht in England großer Mangel an Hausangestellten. Daher werden „domestic service permits“, Arbeitserlaubnisse, ausgestellt für unverheiratete Frauen mit entsprechender Ausbildung im Alter zwischen 18 und 45 Jahren. In den 1930er Jahren entwickelt sich dies zu einer Fluchtmöglichkeit vor allem für jüdische Frauen aus Deutschland (siehe dazu ausführlicher auch die Biographie von Maria Frankenstein im Gedenkbuch der KLS: https://www.koenigin-luise-schule.de/gedenkbuchdetails-ueberlebende/maria-wrist-geb-frankenstein-736.html). Hannelore ist für dieses „Programm“ aber eigentlich noch zu jung, außerdem wissen wir nicht, ob sie eine entsprechende Ausbildung hat. Daher bleibt auch dieser Weg fraglich.
Die dritte – und vielleicht beste – Möglichkeit stellen die familiären Kontakte dar, über die nicht viele Flüchtlinge verfügen. Hannelores Tante Frieda und ihr Ehemann leben seit langer Zeit in London, bei ihnen wohnt auch Lizette Teitz, die Tochter von Hannelores früh verstorbener Tante Ella. Vielleicht nehmen sie die noch minderjährige Hannelore auf, garantieren auch für ihre finanzielle Versorgung und Unterstützung und können ihr so die Einreiseerlaubnis verschaffen. Genaue Informationen haben wir auch hier nicht, vor allem nicht zu Hannelore.
Ein Indiz besteht aber zumindest darin, dass sich die Familienmitglieder im Londoner Stadtteil Willesden sammeln. Schon seit Ende der 1800er Jahre gibt es in Willesden eine jüdische Gemeinde, welche sogar über eine Synagoge und einen jüdischen Friedhof verfügt. In der NS-Zeit leben dort zudem sehr viele jüdische Flüchtlinge aus Deutschland. Frieda wohnt dort zusammen mit Mann und Nichte, auch Henny und ihre Halbschwester Ilse sind dort im Jahr 1939 bezeugt, und Hannelore wird später dort heiraten. Dies könnte dafür sprechen, dass Hannelore in den ersten Jahren bei der Schwester ihrer Mutter wohnt.
Quellen:
Profil von Henny Schloss bei ancestry.com: https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/174311910/person/402262206487/facts (Aufenthaltsbelege für sie und andere Familienmitglieder);
Profil von Hannelore Klestadt bei Geni: URL: https://www.geni.com/people/Hannelore-Goldenberg-Harpaz/6000000052015373841 (zum Zeitpunkt von Hannelores Flucht);
History of Willesden Green: https://www.brent.gov.uk/libraries-arts-and-heritage/brent-museum-and-archives/your-local-area/history-of-willesden-green (zur jüdischen Einwohnerschaft);
Traude Bollauf: Dienstmädchen-Emigration. Die Flucht jüdischer Frauen aus Österreich und Deutschland nach England 1938/39. Wien 2011.
Dirk Erkelenz
Wie Hannelore die nächsten Jahre nach ihrer Ankunft in England verbringt, ist uns unbekannt. Unsere erste sichere Information stammt erst wieder aus dem Jahr 1946.
In der Zwischenzeit hat Hannelore einen jungen Mann namens Harry Goldenberg kennengelernt. Seine Eltern stammen vielleicht aus Osteuropa, sind in Kiew in der Ukraine geboren und nach der Jahrhundertwende nach Großbritannien gekommen. Harry ist aber auf jeden Fall bereits in London geboren, und zwar am 23. September 1926, er ist also fünf Jahre jünger als Hannelore. Wie und wo sich die beiden kennengelernt haben, wissen wir nicht. Im Juli 1946 heiraten sie in Willesden, London, ein gutes Jahr später, am 23. November 1947, kommt ihr gemeinsamer Sohn Daniel Goldenberg ebenfalls in London zur Welt.
Kurz darauf beschließen Harry und Hannelore offenbar, ihrem Leben eine deutliche Wendung zu geben. Sie bereiten sich auf die Auswanderung vor – noch nach Palästina oder bereits nach Israel. Dort sind die Dinge zu diesem Zeitpunkt in dramatischer Weise in Bewegung gekommen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt sich mit dem Zionismus eine neue religiös-politische Bewegung im Judentum. Die Zionisten verfolgen das Ziel, die in aller Welt verstreut lebenden Juden zurückzuführen in die „biblische Heimstätte des jüdischen Volkes“ in Palästina, um dort einen jüdischen Nationalstaat zu gründen. Maßgeblich geprägt wird der Zionismus auch von deutschen Juden wie Max Bodenheimer in Köln. Dessen Tochter Hannah Bodenheimer - übrigens selbst eine Schülerin der KLS – wird später Schulleiterin einer jüdischen Haushaltungsschule in Wolfratshausen bei München. Hier möchte sie jüdischen Mädchen angesichts der Verschlechterung der politischen Lage bessere Chancen bieten für eine berufliche Zukunft im Inland – oder auch für die Emigration. Vielleicht hat auch Hannelore Klestadt nach 1935 eine solche Ausbildung erhalten.


Gerade in Deutschland sind die Zionisten aber lange Zeit eine kleine, durchaus auch angefeindete Minderheit. Die Mehrheit der Juden steht hier dem Zionismus zunächst fern. Man ist vielmehr auf Assimilation, Integration und sozialen Aufstieg bedacht und fühlt sich als Deutscher jüdischer Konfession – so wohl auch die Eltern von Hannelore. Eine Auswanderung nach Palästina steht in diesen Kreisen nicht zur Debatte.
Palästina gehört bis zum Ende des 1. Weltkrieges zum Osmanischen Reich, hier leben um 1880 neben etwa 20 000 Juden rund 400 000 Araber. Unter zionistischem Einfluss beginnt ab etwa 1882 die jüdische Einwanderung in mehreren Wellen, zunächst aber eher verhalten: Bis zum 1. Weltkrieg wandern etwa 65 000 Juden ein. Nach der Niederlage des Osmanischen Reiches 1918 übernimmt Großbritannien als Mandatsmacht im Auftrag des Völkerbundes die Kontrolle. Trotz einer phasenweise restriktiven Einwanderungspolitik steigt die Zahl der Zuwanderer zusehends, die größte Welle kommt ab 1933 als Reaktion auf die antisemitische Politik der Nazis. Bis zum Jahr 1948 wächst die Zahl der jüdischen Einwohner Palästinas auf über 600 000.
Im Zuge dieser Zuwanderung ergeben sich zunehmend Auseinandersetzungen, teils sogar bewaffnete Konflikte zwischen Juden und Arabern, aber auch zwischen diesen beiden Gruppen und der britischen Mandatsmacht. Diese Spannungen eskalieren schließlich im Jahr 1948 mit dem Ende der britischen Mandatsherrschaft. Am 14. Mai 1948 erklärt Israel seine Unabhängigkeit, unmittelbar danach erklären die arabischen Nachbarstaaten Ägypten, Syrien, Jordanien, der Libanon, Saudi-Arabien und der Irak dem neuen Staat den Krieg. Bis mindestens in den Oktober 1948 hinein gibt es teils schwere Kämpfe auf israelischem Gebiet, bis Juli 1949 kann Israel dann aber den „Israelischen Unabhängigkeitskrieg“ erfolgreich beenden. Hunderttausende Araber werden nun aus ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten vertrieben.
Während in Israel noch gekämpft wird, im Oktober 1948, machen sich Harry und Hannelore mit ihrem kleinen Sohn auf den Weg. Zunächst reisen sie nach Italien und fahren von dort aus auf dem Schiff „Enzo Sereni“ nach Haifa. Sie bleiben aber nicht dort oder in einer der anderen bereits entwickelten Städte in der Küstenregion, sondern sie begeben sich in den Kibbuz Kfar Blum in Obergaliläa an der Nordgrenze Israels.
Was sie zu dieser Auswanderung bewogen hat, wissen wir nicht. Hannelore hat sicher keinen zionistischen Hintergrund, die Familien beider Eltern gehören aller Wahrscheinlichkeit nach zu den auf Integration und sozialen Aufstieg bedachten Deutschen jüdischer Konfession. Doch diese Identität ist von den Nazis zerstört worden, die alte Heimat verloren. Vielleicht findet Hannelore selbst im Zionismus eine neue Identität, vielleicht kommt der Impuls auch von Harry. Auf jeden Fall aber legt vor allem die Ansiedlung im Kibbuz Kfar Blum nahe, dass es sich um eine Emigration aus Überzeugung handelt.
Bedenkt man die historischen Umstände, so muss diese Reise sicher sehr mühsam, anstrengend, sogar gefährlich sein: quer durch das zerstörte Nachkriegseuropa, über das Mittelmeer auf einem alten, vielleicht überfüllten Auswandererschiff (das auf den Fotos nicht sehr vertrauenerweckend aussieht), in das noch im Krieg befindliche Israel. Das hat offenbar tragische Folgen: Hannelores Sohn Daniel stirbt im Alter von etwa einem Jahr auf der Überfahrt an Bord der „Enzo Sereni“ und wird auf See bestattet.
Nach der Ankunft reisen Harry und Hannelore weiter nach Kfar Blum. Der Kibbuz ist erst 1943 gegründet worden, bis vor kurzem haben dort noch Kämpfe stattgefunden, die Vertreibung der arabischen Einwohner in der Region ist im Gange. Entsprechend einfach werden die Lebensbedingungen sein.

Vielleicht liegt hier der Grund dafür, dass sich die Tragik der Reise fortsetzt. 1949 (das genau Datum kennen wir nicht) stirbt Hannelore bei der Geburt ihres zweiten Kindes im Alter von 28 Jahren; auch das Kind überlebt nicht. Bestattet wird sie auf dem Friedhof des Kibbuz Kfar Blum. Nur Harry überlebt. Er heiratet später ein zweites Mal, bekommt eine Tochter, bleibt Zeit seines Lebens in Israel und stirbt 1994 in Tel Aviv.
2016 lässt Orit Goldenberg Harpaz Neeman, Harrys Tochter aus zweiter Ehe, den Grabstein von Hannelore erneuern. Und sie fügt einen kleinen Stein für Daniel dazu, der nie ein Grab bekommen hat. Ihren Einträgen in den genealogischen Datenbanken verdanken wir auch die wenigen Informationen, die wir über Hannelores Leben nach dem Krieg finden konnten.
Quellen:
Jüdische Schülerinnen und Schüler an Kölner Gymnasien. Ihre Geschichte(n) zwischen Integration, Ausgrenzung und Verfolgung, hg. D. Erkelenz/T. Kahl, Berlin 2023, S. 266ff., 286ff. (Zu Max und Hannah Bodenheimer sowie zur Auswanderung aus zionistischen Motiven);
Profil von Hannelore Klestadt bei geni.com: https://www.geni.com/people/Hannelore-Goldenberg-Harpaz/6000000052015373841 (angelegt von Orit Goldenberg Harpaz Neeman, der Tochter von Harry Goldenberg aus zweiter Ehe)
- Schneider, Historische Entwicklung der jüdischen Einwanderung [01.06.2008]:
Zeitzeugen berichten: Mordechai Papirblat: https://www.papierblatt.de/papirblat/biografie-kapitel-33-1.html (zur Auswanderung mit der Enzo Sereni);
Fotos aus Kfar Blum: https://picryl.com/topics/historical+images+of+kfar+blum

Antonia Neis, Neven Hofmann-Stajic, Nathan Padan
Hans Klestadt zieht nach der Trennung von Henny nach Bickendorf in die Venloerstrasse 508. 1923 heiratet er dann seine zweite Frau Gertrud Söntgen (* 1895), Spitzname „Sönnchen“. Sie ist von Beruf kaufmännische Angestellte, und sie ist katholisch. Auch Hans konvertiert irgendwann zum katholischen Glauben. Ob das im Zuge der Eheschließung geschieht oder nach 1933 als Schutzmaßnahme, wissen wir nicht.
Hans und Gertrud leben später in der Helmholtzstraße 86 in Ehrenfeld, ab 1936 dann in der Moltkestraße 131 im Belgischen Viertel in einer Sechs-Zimmer Wohnung. Sie bekommen gemeinsam einen Sohn namens Karl-Heinz (geboren wohl um 1925). Hans arbeitet weiterhin als selbstständiger Vertreter „nahmhafter Firmen“ für Spielwaren. Dabei verkauft er nicht etwa an Einzelkunden an der Haustür, sondern er beliefert wohl Geschäfte und Händler. So veranstaltet er zum Beispiel 1931 in einem Hotel in Siegen eine „Ausstellung für Wiederverkäufer“, also quasi eine Messe.
Ab 1933 ändern sich die Dinge dramatisch. Dass Hans katholisch getauft ist, nützt ihm nichts. Die Nazis definieren „jüdisch“ jetzt rassisch – als Sohn zweier Juden gilt Hans als „Volljude“. Gertrud wird zwar als „Arierin“ angesehen, doch ist sie durch die Heirat „jüdisch versippt“, bei ihrer Ehe handelt es sich um eine sogenannte „Mischehe“. Ihr Sohn Karl-Heinz gilt als „Halbjude“ oder „jüdischer Mischling 1. Grades“.
Hans ist zwar „Frontkämpfer des 1. Weltkrieges“, er ist kriegsversehrt und Träger hoher militärischer Auszeichnungen. Doch mit den „Nürnberger Rassegesetzen“ von 1935 entfallen alle damit verbundenen Privilegien. Schutz bietet ihm jetzt nur noch die Ehe mit einer „Arierin“. Sicher steht Gertrud unter Druck, sich von ihm zu trennen – das tut sie aber nicht.
Hans kann weiter als Spielwarenvertreter arbeiten, und dabei scheint er nicht schlecht zu verdienen. Nach eigener Aussage erwirtschaftet er in den Jahren nach 1931 einen monatlichen Gewinn von 1000 bis 1200 Reichsmark monatlich – das entspricht nach heutiger Kaufkraft einem Jahreseinkommen von fast 70 000 €.
Ab 1938 verschärft sich die Verfolgung, das Leben wird nun zusehends schwieriger. Als Folge der antisemitischen Gesetze darf Hans ab dem 1. Oktober 1938 sein Geschäft nicht mehr betreiben. Es scheint so, dass Gertrud nun an seiner Stelle übernimmt, denn ab 1939 erscheint sie in den Adressbüchern als „Vertreterin in Spielwaren“, zwei Räume der Wohung in der Moltkestraße dienen weiterhin gewerblichen Zwecken, unter anderem als Lager.
Den Gewaltexzess der „Reichspogromnacht“ vom 9. auf den 10. November 1938 erleben beide in Köln. Ob sie persönlich davon betroffen sind, wissen wir nicht, vielleicht schützt sie die „Mischehe“. Von vielen antisemitischen Maßnahmen wird Hans aber trotzdem nicht ausgenommen. So muss er ab dem 1. Januar 1939 den zweiten Vornamen „Israel“ führen – ebenso wie seine Ex-Frau Henny und seine Tochter Hannelore den zweiten Vornamen „Sara“ führen müssen, sollten sie sich noch in Deutschland befinden. So sollen Juden jetzt in der Öffentlichkeit stigmatisiert und gekennzeichnet werden.
Mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 verschärft sich der Terror des NS-Regimes weiter. Beispielsweise wird zu diesem Datum die „Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen“ eingeführt, die das Abhören ausländischer Radiosender bestraft. Am 1. Oktober 1939 wird Hans für sechs Tage aufgrund eines solchen „Rundfunkvergehens“ inhaftiert.
Dann trifft ein Schicksalsschlag die Familie: 1940 stirbt Sohn Karl-Heinz an einer Angina im Alter von etwa 15 Jahren. Von Juni 1940 bis Juni 1944 muss Hans Zwangsarbeit leisten. Er arbeitet für die Firma Schneider in Nippes, die Firma Strahl in Lindenthal und die Firma Knapp in Ehrenfeld. Zumindest in letzterer wird er vermutlich den Umständen entsprechend gut behandelt, da Hans dort 1946 wieder eine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter aufnimmt. Dennoch muss er, der ehemalige selbstständige Geschäftsmann mit einem mehr als respektablen Jahreseinkommen, nun für den für Juden festgelegten Stundenlohn von 0,56 Reichsmark arbeiten, und Zwangsarbeit ist oft schwere körperliche Arbeit.
Im Oktober 1941 beginnen die Deportationen aus Köln, in schneller Folge werden die verbliebenen jüdischen Einwohner in die Ghettos und Vernichtungslager im Osten deportiert. Da Hans in einer Mischehe mit einer Arierin lebt, bleibt er zumindest davon verschont - zunächst. Doch er sieht, wie Freunde, Verwandte, Nachbarn nach und nach verschwinden.

Ab 1944 verschärft das NS-Regime aber das Vorgehen auch gegen „Mischehen“. Zunächst werden sie in Wohnungen zusammengepfercht. Auch Hans und Gertrud müssen in ihrer Wohnung in der Bismarckstraße drei weitere in „Mischehe“ lebende Familien aufnehmen. Auch von den Auswirkungen des Krieges bleiben sie nicht verschont. Im April 1944 wird die Wohnung durch einen Fliegerangriff zerstört, Hans und Gertrud ziehen jetzt in eine Einzimmerwohnung am Brüsseler Platz 17.
Im September 1944 sollen dann auch die „Mischehen“ deportiert werden. Auch Hans uns Gertrud bekommen von der Geheimen Staatspolizei die Aufforderung, sich im Deportationslager Fort V in Müngersdorf einzufinden. Doch sie ahnen, was das bedeutet, und tauchen unter.
Gertrud versteckt sich bei Freunden außerhalb Kölns. Hans überlebt durch die Unterstützung verschiedener Helfer in seinem Umfeld. Sie verstecken ihn an ihren Arbeitsstellen oder in leer stehenden Wohnungen, versorgen ihn mit Lebensmitteln. Hilfe kommt vielleicht auch von einer Seite, von der man es nicht unbedingt erwarten würde. Die Familiensituation der Familie Klestadt-Söntgen könnte zur NS-Zeit angespannt gewesen sein, da Gertruds Ehe mit einem Juden und die nationalsozialistische Überzeugung ihres Bruders vermutlich Konflikte bereiten. Denn Gertruds Bruder ist „eine lokale Nazi-Größe“. Vermutlich handelt es sich bei ihm um Heinrich Söntgen, „alter Kämpfer“, SS-Mitglied und ab 1943 Ortsgruppenleiter von Braunsfeld. Dennoch gibt es Hinweise darauf, dass er seinen Schwager schützt. Es wäre nicht das erste Beispiel dafür, dass bei persönlicher Bekanntschaft oder sogar Verwandtschaft ideologische Überzeugungen in den Hintergrund treten. Heinrich Söntgen wird Ende Oktober 1944, in der Endphase der NS-Herrrschaft, von einem Mitglied der sogenannten „Ehrenfelder Gruppe“ erschossen.
Als die Alliierten im März 1945 Köln erobern, tauchen Hans und Gertrud nach sieben Monaten in der „Illegalität“ lebend wieder auf. Beide bleiben nach dem Krieg in Köln. Hans wird ab Juli 1947, nach seiner Arbeit bei der Firma Knapp in Ehrenfeld, wieder als selbständiger Handelsvertreter tätig. Nachdem er und seine Frau als „politisch Verfolgte des NS-Regimes“ anerkannt worden sind, stellt Hans in den 1950er Jahren im Rahmen der „Wiedergutmachungsverfahren für das unter dem NS-Regime erlittene Unrecht“ einen Antrag auf Entschädigung. 1956 erhält er eine Gesamtentschädigung von 28.725DM, das entspricht aus heutiger Sicht ungefähr 86.000 €. Das klingt zwar nach viel Geld, jedoch muss man bedenken, dass er dies erst schrittweise beginnend zehn Jahre nach dem Krieg erhält und dass kein Geld das Leid, das Hans und seine Familie durchleben mussten, wieder gut machen kann.
Hans stirbt am 21. Dezember 1974 in Köln. Seine Frau Gertrud stirbt am 9. November 1982 in Bergheim-Quadrath.

Über Hannelores Mutter Henny und ihre Familie wissen wir weit weniger. Ihre beiden Schwestern Ella und Frieda sind bereits vor dem Ersten Weltkrieg nach England ausgewandert. Ella ist 1911 gestorben, in London leben aber noch Ellas Tochter Lizette sowie Hennys Schwester Frieda und ihr Mann Arthur. Vielleicht können sie ihren Verwandten aus Deutschland helfen. Denn auch Henny entkommt nach England, vermutlich im letzten Moment.
Im Kölner Adressbuch ist sie noch bis 1939 gemeldet. Der erste Nachweis für sie aus England stammt vom Dezember diesen Jahres: Ein Eintrag in der „Kartei für ausländische Internierte“. Die Nazis betrachten die Juden nicht als Deutsche und wollen sie mit allen Mitteln vertreiben. In England aber gelten diese Flüchtlinge zunächst einmal als Deutsche und, nach Kriegsbeginn am 1. September 1939, als „enemy aliens“, als ausländische Feinde. Daher droht ihnen hier die Internierung, vor allem den Männern.
Henny wird allerdings von einer solchen Internierung befreit. Sie wohnt zu dieser Zeit in Willesden, in derselben Straße wie ihre Schwester. Ihr Beruf wird als „confectioner“ (Süßwarenhändlerin) angegeben, eine Arbeit hat sie aber momentan nicht. Verständlicherweise hat sie auch nicht den Wunsch, „repatriiert“ zu werden, also in ihre „Heimat“ Deutschland zurückzukehren.
Aus dem Jahr 1939 stammt noch ein weiteres Zeugnis für sie, und zwar aus dem jährlichen Einwohnermelderegister. Henny lebt zu diesem Zeitpunkt in Lytham St. Anne‘s in Lancashire, also weit entfernt von London. Sie wohnt in der Oxford Road 31 bei (?) einer vierköpfigen Familie namens Davies. Ihre Beschäftigung wird angegeben mit „unpaid domestic service“, unbezahlter Hausarbeit. Ob das ein Hinweis darauf sein könnte, dass vielleicht Henny über das Dienstmädchenprogramm nach England gekommen ist, wissen wir nicht. Auch sonst ist unklar, was sie nach Lytham führt und in welchem Verhältnis sie zur Familie Davies steht.
Spätestens 1947 lebt sie wieder in London, und sie hat wieder ihren Mädchennamen „Schloss“ angenommen. Henny stirbt dort am 9.6.1968 in Osmond House, einem jüdischen Seniorenheim. Wie auch immer sie ihr weiteres Leben in England verbringt, wovon sie lebt und wie sie das Schicksal ihrer Tochter Hannelore verkraftet – bei ihrem Tod beläuft sich ihr Nachlass auf 4245 £. Das ist eine stolze Summe, umgerechnet in heutige Kaufkraft fast 100 000 €. Nachdem sie bei ihrer Flucht aus Deutschland vermutlich alles zurücklassen musste, gelingt es ihr offensichtlich, in England Fuß zu fassen und zumindest den Rest ihres Lebens ohne wirtschaftliche Not zu verbringen.
Auch für Hennys Halbschwester Ilse Glaser und ihren Mann Saly Strauss gibt es Karten in der Kartei für ausländische Internierte. Also können auch sie nach England entkommen, vermutlich ebenfalls 1939. Und auch sie lassen sich in Willesden nieder.
Die Familie von Hans Klestadt wird im Holocaust dagegen fast vollständig ausgelöscht. Nur sein jüngster Bruder Kurt überlebt. Ihm gelingt es, mit seiner Frau 1940 in die USA zu entkommen. Er wird am 19.05.1942 in Newark, New Jersey, eingebürgert. Seine Frau Martha stirbt am 03.12.1971 in Newark. Kurt zieht daraufhin vermutlich um, da er am 16.10.1992 in Fairfield, Connecticut, stirbt.
Die drei anderen Brüder durchleben verschiedene Schicksale. Sie werden aber alle ermordet, auch ihr Einsatz im Ersten Weltkrieg für ihre Heimat bringt ihnen keine Rettung. Ernst Klestadt bleibt Zeit seines Lebens in Bamberg. Von dort wird er am 27.11.1941 nach Riga deportiert und ermordet. Sein letzter bekannter Aufenthaltsort ist das Lager Riga- Jungfernhof. Paul Klestadt lebt seit den 1930er Jahren mit seiner Frau Ilse in Köln. Beide werden am 07.12.1941 zusammen mit ihrem zweijährigen Sohn Danny (* 1939) von Köln aus nach Riga in das Ghetto deportiert und dort ermordet. Friedrich „Fritz“ Klestadt lebt mit seiner Frau Meta (* 1895) und dem gemeinsamen Sohn Ottto (* 1924) zunächst in Bamberg. Die Ehe wird 1930 geschieden, später lebt auch Fritz in Köln. Von dort wird er am 30.10.1941 in das Ghetto Litzmannstadt deportiert und stirbt am 07.12.1942 im Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno). Meta und Otto werden beide 1942 nach Izbica deportiert und dort ermordet.
Quellen:
Gedenkbuch der jüdischen Bürger Bambergs: https://fis.uni-bamberg.de/server/api/core/bitstreams/2261047b-fe8e-4bec-83d3-760fd42a0eed/content;
Gedenkbuch des Bundesarchivs für die jüdischen Opfer nationalsozialistischer Verfolgung: https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/;
Grevens Adressbuch für Köln und Umgebung insbesondere auch Mülheim am Rhein und Kalk, URL: https://services.ub.uni-koeln.de/cdm4/document.php?CISOROOT=%2F_RHV&CISOPTR=97891#pagetopper;
Informationen aus dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln zum Schicksal von Hans und Gertrud Klestadt (Mail vom 21.03.2025);
Profil von Hannelore Klestadt bei ancestry.com: https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/174311910/person/402262209818/facts?_phsrc=KIz1329&_phstart=successSource;
Profil von Hannelore Klestadt bei Geni: https://www.geni.com/people/Hannelore-Goldenberg-Harpaz/6000000052015373841.
Profil von Ilse Glaser bei ancestry.com: https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/174311910/person/402262207764/facts;
Profil von Henny Schloss bei ancestry.com: https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/174311910/person/402262206487/facts?_phsrc=KIz1350&_phstart=successSource.
Dirk Erkelenz
Aufgrund der Zufälligkeit der Überlieferung bzw. der Verfügbarkeit der überlieferten Quellen sind wir über diesen Abschnitt von Hans Klestadts Leben am detailliertesten informiert. Das ergibt sich aus seinen „Kriegsranglisten und Kriegsstammrollen“, die seine Laufbahn vollständig und fortlaufend dokumentieren – sogar über das Ende seiner aktiven Militärzeit hinaus.
Hans Klestadts folgende Kriegserlebnisse dürften dabei keineswegs exzeptionell sein – viele Männer seiner Generation dienen im Ersten Weltkrieg an der Front und erleben Ähnliches oder Schlimmeres. Das gilt natürlich auch für Angehörige von (ehemaligen) Schülerinnen der KLS, auch von den jüdischen. Denn mehr als 100 000 Deutsche jüdischer Konfession kämpfen für ihre Heimat, und wir wissen, dass sich unter ihnen Väter und Onkel, Brüder und Ehemänner vieler jüdischer Schülerinnen der KLS befinden. Über ihre Schicksale haben wir in aller Regel nur keine detaillierteren Informationen
Hans Klestadts Erlebnisse stehen hier exemplarisch für die vieler anderer Mitglieder der Schulgemeinschaft und sollen daher in größerer Breite beschrieben werden.


Bisher haben wir kein Foto von Hans gefunden. So ist es auch seine Kriegsstammrolle, die uns wenigstens eine Beschreibung seiner äußeren Erscheinung liefert. Hier heißt es als „Personalbeschreibung: Größe 1 m 63 cm, Gestalt schlank, Kinn eckig, Nase gebogen, Mund normal, Haar dunkel, Schnurrbart blond.“
Im Deutschen Kaiserreich besteht allgemeine Wehrpflicht und – im Kriegsfalle – allgemeine Dienstpflicht. Das gilt auch für Hans Klestadts Herkunftsland Bayern. Aus Gründen, die wir nicht kennen, scheint er aber keinen regulären Wehrdienst abzuleisten.

Bei Kriegsausbruch 1914 ist er mit 24 Jahren zwar dienstpflichtig, gehört aber nicht zu den Jüngsten und wohl deshalb nicht zu den Ersten, die eingezogen werden. Nach der gescheiterten Sommeroffensive 1914, den damit verbundenen hohen Verlusten und der Aussicht auf einen langen Krieg werden jedoch die Rekrutierungen ausgeweitet, und jetzt kommt die Reihe auch an Hans Klestadt.
Ob er eingezogen wird oder sich wie so viele andere freiwillig meldet, wissen wir nicht. Seine Militärzeit beginnt jedenfalls am 2. Februar 1915. Da er keinen Wehrdienst geleistet hat, besitzt er keine Vorkenntnisse und ist keiner regulären Einheit zugeordnet. So kommt er zum „ungedienten Landsturm“. Nach drei Monaten Grundausbildung wird er am 2. Juni 1915 der 5. Kompanie des Reserve-Infanterie-Regiments 20 zugeteilt und an die Westfront verlegt.
Dort bleibt er für die nächsten zwei Jahre im ständigen Fronteinsatz und nimmt zwischen Juni 1915 und Juni 1917 an allen Kampfhandlungen teil: an den Schlachten bei La Bassée und Arras, den Stellungskämpfen in Flandern und im Artois und der Schlacht an der Somme.
Unterbrochen wird der Dauereinsatz an der Front nur selten. So nimmt Hans Klestadt von Mai bis August 1916 an einem „Offiziersaspiranten-Kurs“ in Grafenwöhr teil, er macht also einen Lehrgang zum Offi-ziersanwärter. Aufgrund sehr guter Beurteilung wird er noch während des Lehrgangs zum Unteroffizier befördert, im Juli 1916 zum „Offiziersaspiranten“ ernannt und im Oktober zum Vizefeldwebel. Im März 1917 erhält er schließlich sein Offizierspatent und wird zum Leutnant (der Reserve) befördert.
Weitere Unterbrechungen des Fronteinsatzes beruhen auf teils längeren Lazarettaufenthalten als Folge von Erkrankungen und Verwundungen. Hans Klestadt leidet zum einen an den „üblichen“ und in allen Ar-meen weit verbreiteten Infektionskrankheiten (Haut- und Geschlechtskrankheiten). So befindet er sich bereits von Juli bis Oktober 1915 im Lazarett in Tourcoing (Flandern) aufgrund einer „Tripper“-Infektion. Später leidet er an „Furunkulose“, ausgelöst wahrscheinlich durch Mangelernährung und die unsäglichen hygienischen Bedingungen im Stellungskrieg. Von Februar bis März 1918 befindet er sich deshalb im La-zarett in Bamberg und muss sich dort auch einer Operation unterziehen.
Dazu kommen Kriegsverletzungen im Zuge der Kampfhandlungen. Im Dezember 1916 wird er zum ersten Mal „leicht verwundet“, kann aber bei seiner Einheit bleiben. Im Juni 1917 während der Stellungskämpfe im Artois folgt dann eine schwere Verwundung. Hans Klestadt wird durch den Einschlag einer „Artillerie-granate verschüttet [mit] Prellung beider Beine“. Es folgt ein langer Lazarettaufenthalt von Juni bis Okto-ber 1917, zunächst in Douai (Flandern), danach in Nürnberg, schließlich in Bamberg. Es wirkt so, als wäre seine Verletzung zunächst falsch diagnostiziert und auch falsch behandelt worden. Denn nach dem Laza-rettaufenthalt wird von der zuständigen Musterungskommission ein „Bruch des linken Wadenbeins“ diag-nostiziert, später sogar ein „Bruch des Sprunggelenks“. Daraus ergibt sich schließlich eine dauerhafte Kriegsdienstbeschädigung.
Zu den körperlichen Verletzungen kommen schließlich auch die seelischen aufgrund der extremen Belas-tungen des Stellungskrieges. So wird im Januar 1918 eine leichte „Neurasthenie“ diagnostiziert – heute kennen wir das als „Posttraumatische Belastungsstörung“ (PTBS). In schweren Fällen führt dies zu dem schrecklichen Phänomen der „Kriegszitterer“.

Alle diese körperlichen und seelischen Verletzungen summieren sich verständlicherweise im letzten Kriegsjahr. Nach einem Genesungsurlaub in Stettin im Januar 1918 scheint Hans Klestadt zwar wieder einigermaßen dienstfähig zu sein, kehrt aber nicht mehr in den Fronteinsatz zurück. Allerdings bleibt er bis Kriegsende bei der Armee, wir kennen noch mehrere Stationen seiner Laufbahn bei Ausbildungs- oder Grenzschutzeinheiten in der Etappe. Erst im Zuge der Demobilisierung nach dem Waffenstillstand am 11. November 1918 wird er entlassen und kann nach Bayern zurückkehren, spätestens im Juni 1919 befindet er sich wieder dort.
Aufgrund seiner Kriegsverletzungen wird ihm zu diesem Zeitpunkt eine dauerhafte „Kriegsdienstbeschädi-gung“ anerkannt aufgrund des „Bruchs des linken Sprunggelenks“. Man darf also vermuten, dass körperli-che Einschränkungen zurückgeblieben sind. Von den seelischen Verletzungen erfahren wir nichts. Die extremen Belastungen des Dauereinsatzes an der Front, insbesondere im Stellungskrieg, werden aber si-cherlich Traumata hinterlassen haben – wie bei all den anderen Frontkämpfern des 1. Weltkrieges.
Dass Hans Klestadt lange Zeit im unmittelbaren Kampfeinsatz ist, zeigt sich an auch den militärischen Orden, die ihm verliehen werden. So erhält er am 15. Oktober 1916 nach der Schlacht an der Somme das (preußische) Eiserne Kreuz II. Klasse. Am 1. August 1918 bekommt er den Militärverdienstorden des Kö-nigreichs Bayern (4. Klasse) mit Schwertern. Ebenfalls 1918 wird ihm das von Kaiser Wilhelm II. im März diesen Jahres gestiftete „Verwundetenabzeichen in Schwarz“ (für ein- bis zweimalige Verwundung) verlie-hen.
Am 13. Juli 1934 – anlässlich des 20. Jahrestages des Kriegsbeginns – wird schließlich von Reichspräsident Paul von Hindenburg das „Ehrenkreuz des Weltkrieges“ gestiftet, für ehemalige Frontkämpfer in der Vari-ante mit Schwertern. Auf ausdrückliche Weisung des Reichspräsidenten sollen auch die jüdischen Front-kämpfer diese Anerkennung der „unvergänglichen Leistungen im Weltkrieg“ erhalten.
Verliehen wird es nur auf Antrag durch den zuständigen Landrat, Oberbürgermeister oder Polizeidirektor. Auch Hans Klestadt stellt am 4. Oktober 1934 einen solchen Antrag, und da er zu diesem Zeitpunkt bereits dauerhaft in Köln lebt, geht der Antrag an den dortigen Polizeipräsidenten.
Auch am Rest der Familie Klestadt geht der Krieg nicht spurlos vorbei. Karl und Sophie Klestadt haben insgesamt 6 Söhne. 5 von ihnen dienen im Krieg, neben Hans auch Fritz (* 1889), Ernst (* 1892), Otto (* 1893) und Paul (* 1899). Nur der jüngste – Kurt (* 1909) – wird aufgrund seines Alters nicht eingezogen.
Nur Paul bleibt in der „Etappe“, die anderen kämpfen alle an der Front: Fritz in der Champagne und bei Verdun, Ernst bei Apremont, im Artois und in der Somme-Schlacht, Otto bei La Bassée. Alle überleben bis auf Otto. Er fällt im Oktober 1915 bei La Bassée durch einen Artillerievolltreffer. Ernst überlebt, wird aber in der Schlacht an der Somme schwer verwundet „durch Artilleriegranate an Kopf und linker Seite, Hals und Hand (…) 5 Granatsplitter in linker Brust und linker Schulter“. Auch bei ihm bleibt, wie bei Hans, eine dauerhafte Kriegsbeschädigung.
Nicht einmal Hans‘ zukünftige Frau Henny bleibt von den Auswirkungen des Krieges verschont. Sie ist seit 1908 in erster Ehe mit Josef Eschwege aus Fulda verheiratet. Obwohl er deutlich älter ist, kämpft auch er an der Front. Er fällt am 14. April 1916, vermutlich während der Kämpfe um Verdun.
Quellen:
Kriegsranglisten und -stammrollen des Königreichs Bayern, 1. Weltkrieg 1914-1918 (für Hans Klestadt und seine Brüder);
Informationen zur Familie Eschwege in Fulda: https://juden-in-fulda.org/familie-eschwege-simon/ https://juden-in-fulda.org/geschichtlicher-ueberblick/;
Profil von Henny Schloss bei ancestry.com: https://www.ancestry.de/family-tree/person/tree/174311910/person/402262206487/facts.