Marianne wuchs in einer recht gutsituierten Familie im Kölner Agnesviertel auf. Ihr Vater stammte wie auch ihre Mutter aus Niederwenigern/Hattingen. Dort arbeitete er im Bergbau. Nach abgeschlossener Lehre und ersten gewerkschaftlichen Tätigkeiten zog er aufgrund der Verlagerung der KAB-Zeitung, bei der er Sekretär war, nach Köln. Als drittes von sieben Kindern wurde Marianne am 18.06.1927 geboren und kam mit ca. zwei Jahren nach Köln. In der Geschwisterreihe (Nikolaus (Klaus) *1924; Bernhardine *1926; Liesel *1929; Alexander *1931; Bernhard *1934; Helene *1939) lernte sie von vornherein, sich anzupassen, für die anderen da zu sein und zu gehorchen.
Marianne muss unbeschwerte Jahre erlebt haben, denn auch ihre älteren Geschwister beschreiben die Kinderzeit als sorglos und schön. Im Wohnhaus der Familie war viel Platz, und jeder konnte Freunde einladen. Der Vater war als ehemaliger Bergmann relativ wohlhabend.

Undatiertes Bild des Wohnhauses der Familie im Agnesviertel, das „Kettelerhaus“.
Gleichzeitig diente es als Verbandszentrale der KAB.
(NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, Bp 26384)
An der häuslichen Situation änderte sich 1933 zunächst nicht viel. Während der Älteste, Klaus, einen „bunten Freundeskreis“, d.h. auch Freunde aus der HJ, hatte, gibt Marianne in späteren Interviews an, dass sie sich niemals mit HJ- bzw. BDM-Kindern abgegeben habe.

Kinder der Familie Groß mit Freunden, 1933 (Marianne mittlere Reihe rechts)
(NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, Bp 26374)
Die Geschwister sind sich darüber einig, dass sie den Machtwechsel in der Volksschule nicht wahrnahmen, da Lehrer erst später durch regimekonformes Personal ersetzt wurden und der Schulstoff sich unmerklich änderte, d.h. dass der damals 6 Jahre alten Marianne z.B. antisemitische Zeichnungen in Schulbüchern nicht auffielen. So spürten die Kinder aufgrund des Elternhauses eher katholisch-religiösen Druck als einen durch das NS- Regime. Jedoch wurde Marianne früh klar, dass ihre Eltern Gegner des NS-Regimes waren, so wurde z.B. den Aktivisten der HJ oder des Winterhilfswerks die Tür vor der Nase zugeschlagen. Überdies durchsuchte die Gestapo häufig das Haus, und einzelne Familienmitglieder wurden nach späteren Aussagen verfolgt.
Dass die Kinder der Familie Groß aufgrund der Haltung ihres Vaters nie Mitglieder eines NS-Jugendverbandes waren, löste in Marianne zunächst Frustration über das „Nicht-da-zu-Gehören“ aus, machte sie jedoch später stolz. Die Katholische Jugend (KJ) von St. Agnes, der Marianne angehörte, war ähnlich organisiert wie die HJ. Man traf sich mit Gleichaltrigen, unternahm Ausflüge oder versammelte sich zu Liederabenden. Der große Unterschied war jedoch, dass man in der KJ, anders als in der HJ, nicht zu Soldaten oder Vorbilddeutschen ausgebildet wurde; vielmehr sollte hier die katholische Weltanschauung als totales Lebensziel vertieft werden. Auch die Aufmärsche verliefen unterschiedlich, da die KJ in katholischen Vierteln marschierte, während die HJ bei ihren Demos häufig auch mit anderen Gruppen kollidierte. 1938 wurde die KJ schließlich verboten, aber Marianne führte ihre Treffen mit Gleichgesinnten heimlich fort. Sie musste miterleben, wie ihr Bruder Klaus, der katholische Treffen organisierte, 1940 von der Gestapo für 3 Wochen in Brauweiler inhaftiert wurde.
Nicht nur Katholiken sahen sich der nationalsozialistischen Schikane ausgesetzt. Juden waren die zahlenmäßig größte verfolgte Gruppe. Dem bereits seit 1933 geltenden Berufs-verbot gegen Juden widersetzte sich Nikolaus Groß, indem er L. Mildberg, eine jüdische Sekretärin, einstellte. Doch auch sie war nicht vor den Nazis sicher und so musste Marianne mit anhören, wie sie weinend zu Nikolaus Groß sagte: „Die machen uns alle tot“. L. Mildberg wurde wie ca. 11.000 andere Kölner Juden deportiert und im KZ Auschwitz vergast. Eine andere verfolgte Gruppe waren die Kommunisten. Im Agnesviertel, nahe dem elterlichen Haus, wohnten viele von ihnen in einer Siedlung. Auch hier musste Marianne mit ansehen, wie eben diese Siedlung durch die SA zerstört wurde.
Dennoch sagt Marianne als Erwachsene, dass dies sie früher nicht allzu sehr gekümmert habe, da sie noch jung war und „man schnell damit fertig wurde“.