Drei Stolpersteinverlegungen im Oktober

Durch Zufall wurden nahezu gleichzeitig an drei Stellen in Köln Stolpersteine verlegt, an denen die Königin-Luise-Schule mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Sie alle galten den Familien dreier ehemaliger jüdischer Schülerinnen der KLS. Für alle drei Mädchen hatten wir bereits Stolpersteine vor der Schule verlegen lassen, alle diese Steine waren aus der Schulgemeinschaft finanziert worden, alle drei vergessenen Biographien hatten Schülerinnen und Schüler unserer Schule in den letzten Jahren erforscht.

Am Dienstag, den 18. Oktober, wurden in Deutz Stolpersteine für die Familie von Edith Cahn, geb. Jonas (* 1913) verlegt. Sie hatte 1934 an der KLS ihr Abitur abgelegt und war damit die letzte jüdische Abiturientin. Nach ihrer Flucht in die Niederlande wurden sie und ihr Mann Ludwig Cahn (* 1914) nach Auschwitz deportiert. Beide überlebten und wanderten später in die USA aus. Dort starb Edith allerdings vier Jahre nach der Geburt ihres Sohnes an den Folgen der pseudomedizinischen Experimente, die man in Auschwitz an ihr durchgeführt hatte. Ediths Eltern Paul (* 1889) und Rosa (* 1891) wurden in Auschwitz ermordet, ihr Bruder Erich (* 1915) und seine Frau Martha (* 1920) überlebten das Sammellager Westerbork.

Carla aus dem Abiturjahrgang 2022 hat die Geschichte von Edith und ihrer Familie in überaus beeindruckender Weise erforscht und beschrieben; dafür hat sie stellvertretend für den Projektkurs den Reinhard-Engert-Preis der Geschichtswerkstatt Köln Brück bekommen. Für Edith war bereits im Frühjahr 2022 ein Stolperstein vor der KLS verlegt worden, die Patenschaft hatte der Projektkurs Geschichte des Abiturjahrgangs 2021 übernommen. Die Stolpersteine für Familie Jonas wurden alle von Patenfamilien aus der Schulgemeinde finanziert. Dafür sei ihnen noch einmal herzlich gedankt. Angehörige von Patenfamilien nahmen auch an der Zeremonie teil, und auch Carla konnte dabei sein.

Wir stehen in intensivem Kontakt zu Johnny Cahn, Ediths Sohn, er verfolgt und unterstützt unsere Arbeit mit großer Anteilnahme. Mittlerweile ist sogar eine echte Freundschaft zwischen ihm und einer „seiner“ Patenfamilien entstanden. Er wird im kommenden Frühjahr aus Washington nach Köln kommen, wenn Stolpersteine für die Familie seines Vaters in der Großen Brinkgasse verlegt werden.

Am Mittwoch, den 19. Oktober, wurden morgens zunächst Stolpersteine in Marienburg verlegt für die Familie von Ingelore Silberbach (* 1925). Sie hatte die KLS in den Jahren von 1935 bis 1938 besucht. Nach einem Wechsel auf das benachbarte jüdische Gymnasium „Jawne“ konnte Ingelore nach England fliehen, wo sich bereits ihre ältere Schwester Gisela (* 1922) befand. 1939 wanderten beide schließlich in die USA aus, wo sie ihre Eltern Paul (* 1895) und Margarethe (* 1895) sowie ihre Großmutter Sibilla (* 1862) wiedersahen. Für Ingelore war ebenfalls bereits im Frühjahr 2022 ein Stolperstein vor der KLS verlegt worden. Die Patenschaft hatten die Schülerinnen und Schüler der aktuellen Klasse 9a übernommen – auch ihnen sei dafür noch einmal herzlich gedankt.

Die Geschichte der Familie erforscht und damit die Voraussetzung für alle Stolpersteine geschaffen hatte unsere Schülerin Anna aus dem Abiturjahrgang 2022, ebenfalls in beeindruckender Weise und in enger Zusammenarbeit mit Terry Mandel, Ingelores Tochter. Terry war eigens aus San Francisco nach Köln gekommen, um an der Zeremonie teilzunehmen. Dort konnte sie zu ihrer großen Freude nicht nur Anna persönlich kennenlernen, sondern auch Vertreterinnen und Vertreter „ihrer“ Patenklasse.

Direkt im Anschluss wurden schließlich Stolpersteine in Lindenthal verlegt für Familienangehörige von Edith Rubens, geb. Lorant (* 1908). Für Edith wat 2020 ein Stolperstein vor der KLS verlegt worden; die Patenschaft hatten die Spanischkurse des Abiturjahrgangs 2021 übernommen.

Edith hatte 1926 das Abitur an der KLS gemacht und war die erste Vorsitzende des neu gegründeten „Schülerinnenausschusses“ (heute: SV). Edith, ihre Eltern Julius und Selma sowie ihr Ehemann konnten rechtzeitig nach Chile flüchten. Ediths Schwager Rudolf (* 1892) und seine Frau Anna (* 1893) sowie deren Sohn Peter Paul (* 1929) wurden zuerst nach Litzmannstadt deportiert und schließlich in Chelmno ermordet. Nur die Tochter Inge (* 1921) konnte mit einem Kindertransport nach England entkommen. An diese vier Menschen erinnern nun Stolpersteine in Lindenthal, die auf Initiative der Nachkommen verlegt wurden.

Die Geschichte der Familie hatte in einer ebenfalls herausragenden Arbeit unser Schüler Lovis aus dem Abiturjahrgang 2020 erforscht. Er hatte auch den Kontakt zu den Nachkommen aufgebaut und über die gesamte Zeit hinweg gepflegt. Und auch er konnte an der Zeremonie teilnehmen, im Kreise sowohl seiner eigenen Familie als auch einer großen Zahl von Ediths Verwandten, die ihm nach eigener Aussage zutiefst dankbar sind. Denn seiner Initiative war es zu verdanken, dass sich Angehörige von Familienzweigen aus Chile, den USA, Kanada, Großbritannien und Israel anlässlich dieser Zeremonie in Köln trafen. Besonders berührt waren die Angehörigen auch davon, dass Mitglieder der SV anwesend waren, um ihrer ehemaligen Schülersprecherin die Ehre zu erweisen. Dafür sei ihnen ebenfalls herzlich gedankt, und unser besonderer Dank gilt Lovis für all seinen Einsatz während der letzten Jahre.

 

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