Helene Rahms: „Auf dünnem Eis - Meine Kindheit in den zwanziger Jahren“ - Eine Rezension von Greta H. (Q2)

Im Rahmen des Projektkurses Geschichte wurden wir auf den Namen Helene Rahms aufmerksam, eine ehemaligen Schülerin der Königin-Luise-Schule - Abiturjahrgang 1937.

Helene Rahms wuchs als eines von zwei Kindern in Köln in einer Arbeiterfamilie auf. Ihr Vater Karl war leitender Angestellter und Sozialdemokrat, ihre Mutter Fanny eine im Internat erzogene Waise.

Die erste ihrer drei Autobiographien „Auf dünnem Eis - Meine Kindheit in den zwanziger Jahren“ war für uns Schüler besonders interessant, da sie dort detailreich ihre Schulzeit an der KLS nacher­zählt.

Das 1992 geschriebene Buch beschreibt auf knapp 240 Seiten autobiographisch die Erlebnisse aus Rahms‘ Kindheit und Jugend im Köln der zwanziger und dreißiger Jahre.

Es handelt sich dabei um ein spannendes Buch über eine noch spannendere Lebensgeschichte.

Mit viel Humor, dem Auge fürs Detail und einem packenden Schreibstil erinnert sich die Autorin an ihre Schulzeit, den Karneval, ihre Konfirmation und Rangeleien auf dem Schulhof.

Es wirkt, als würde sie die Zeit noch einmal durch Kinderaugen sehen und die großen und kleinen Erlebnisse Revue passieren lassen.

Ein großartiger Einblick ins Köln zur Zeit der Weimarer Republik.

Da wir im Projektkurs oft einen Berg von Namen und Daten vor uns haben, ohne uns ein wirkliches Bild vom Menschen und der Geschichte dahinter machen zu können, ist diese Biographie von im­mensem Wert. Sowohl für unsere Arbeit als auch für ein grundsätzliches Verständnis von Zeitge­schichte.

Zwar klären sich durch diesen Einblick nicht alle Fragen, die uns zur Weimarer Republik bis hin zur NS-Diktatur umtreiben, aber sie geben uns eine Vorstellung, wie das Leben zu dieser Zeit aus­gesehen haben könnte.

Wie es gewesen sein mag, als Mädchen aus bürgerlichen Verhältnissen, als Jude, als Christ, als So­zialdemokrat, als Schüler in solch ungewissen Zeit aufzuwachsen.

Aber auch für uns, als „Allwissende“ auf diese Zeiten zurückzublicken, ist unglaublich interessant.

Denn schon zum Ende von Rahms‘ Kindheit hin lassen sich Details und Informationen erhaschen, die uns aus heutiger Sicht hellhörig werden lassen: das Zugrundegehen der Weimarer Republik, das Aufstreben der Nationalsozialisten und das damit einhergehende Klima.

Wie verschiedene Personengruppen behandelt werden, wie rau der Ton gegenüber Minderheiten wird, wie sich das Zusammenleben allgemein verändert.

All das finden wir in keinem Geschichtsbuch und dennoch kommt es uns leider heute ab und zu wieder bekannt vor.

Besonders spannend sind die Beschreibungen zur Schule, die Rahms in ihre Biographie einfließen lässt.

Zwar hat sich nicht nur der Standort der Königin-Luise-Schule verändert (damals: St.-Apern-Straße, heute: Alte Wallgasse), sondern auch einige andere Dinge, dennoch vergisst man manchmal beim Lesen, dass die Erzählungen über achtzig Jahre alt sind.

So wirkt beispielsweise der Klatsch und Tratsch der Schülerinnen 1935, über den Helene Rahms berichtet, nicht anders als das, was man heute so auf Schulhöfen zu hören bekommt.

Der Journalist und Publizist Sebastian Haffner schreibt über Rahms‘ Erzählungen: „Die schon früh ausgeprägte Persönlichkeit der Autorin, ihre Fähigkeit, treffsicher zu beschreiben, und die außerge­wöhnliche Zeit, in der sie Kind war - dieser Dreiklang macht das Buch zu etwas ganz Besonderem“.

Dem kann ich mit voller Überzeugung zustimmen!

Eine absolute Empfehlung für alle Geschichtsinteressierten und -uninteressierten.

Man sollte die Chance nutzen und diesen Einblick annehmen, denn er mag zwar lange her sein, aber er ist lange noch nicht unwichtig.

Helene Rahms, Auf dünnem Eis. Meine Kindheit in den zwanziger Jahren, Scherz Verlag 1992, ISBN 3-502-18606-5

 

Zurück