Klassenzimmer unter Segeln - Das etwas andere Schuljahr

Mit einem riesigen Segelschiff ein halbes Jahr um die Welt. Das Projekt, für das ich mich Anfang 2020 beworben hatte, heißt „Klassenzimmer unter Segeln“ (kurz KUS). Das Prinzip? 50 Personen, darunter 34 Schüler aus ganz Deutschland dürfen für ein halbes Jahr mit dem Dreimaster Thor Heyerdahl über den Atlantik segeln, verschiedene Orte besuchen und fremde Kulturen kennenlernen.

KUS ist ein Projekt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mit dem Institut für Erziehungswissenschaft und dem Institut für Lern-Innovation. Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums erleben ein halbes Jahr auf See. Das gewohnte Klassenzimmer wird gegen ein Segelschiff eingetauscht, die Klassenkameraden gegen eine neue Gemeinschaft an Bord. Der Unterricht findet aber statt, nur durchaus anders als wir es an der KLS gewohnt sind. Nicht nur, dass die Lehrer uns tagtäglich auf unserer Reise begleiten, mit uns zusammenleben, man sogar mit ihnen gleichzeitig Zähne putzt oder die Seekrankheit erträgt, auch die Ausführung des Unterrichtes zeigt Unterschiede. Der Stoff wird praxisorientierter vermittelt, man arbeitet mit dem, was um einen passiert, sei es beispielsweise Biologie anhand von fliegenden Fischen oder Geografie mit den Passatwinden, die das Schiff genau in dem Moment antreiben.

Neben dem Unterricht ist der pädagogische Aspekt der Reise von großer Bedeutung. Ziel des Projektes ist es, „junge Menschen in ihrer Selbstständigkeit, ihrer Eigeninitiative und ihrem Verantwortungsgefühl zu stärken und sie auf die Anforderungen einer komplexen und globalisierten Welt vorzubereiten.”

Bevor wir wirklich abgelegt haben, stand bei uns noch eine fünftägige Werftzeit an (jeder bekommt Aufgaben, damit das Schiff fürs Auslaufen fertig gemacht werden kann). Hier war auch der Moment, wo wir uns alle das erste Mal persönlich gesehen haben. Vorher waren gemeinsame Treffen durch Corona leider nicht möglich, aber trotzdem war die Stimmung in der Werftzeit echt super! Am 18.10.2020 war es endlich so weit. Auslaufen in Kiel, das erste Mal Segel setzten, das erste Mal den Fahrtwind spüren.

Unsere Reise führte uns über Helgoland zu den Kanarischen Inseln. Dort habe ich mir leider den Fuß gebrochen. Da ich durch meine Verletzung nach Köln zurück musste, konnte ich diese Zeit nicht miterleben. Die anderen Schüler an Board haben die Zeit aber unfassbar genossen und konnten viele der Inseln bereisen. Während es hier in Deutschland kalt war, konnte man auf den Kanaren schon am Strand baden gehen oder in kurzer Kleidung rumlaufen. Natürlich stand ich mit meiner Gruppe an Bord ständig in Kontakt, soweit das möglich war. Am Ende des Kanarenaufenthaltes konnte ich wieder dazustoßen. Von dort aus ging es weiter zu den KapVerden. Auf der See-Etappe dahin haben wir coole Dinge erlebt, wie Delfine und Wale gesehen oder einfach eine tolle Zeit verbracht mit den Freunden, die mittlerweile weit mehr sind als das. Die Erledigung täglicher Dinge wie Kochen, Wäsche waschen oder Wache rund um die Uhr sind für uns alle selbstverständlich geworden. Hier an Bord hat sich jeder blind auf den anderen verlassen können.

Natürlich war es auch ein ganz besonderes Gefühl Weihnachten und Silvester mit kurzer Kleidung auf hoher See zu verbringen. Auch auf den sonnigen KapVerden haben wir, nach einem Crashkurs „Portugiesisch“, mehrere Inseln bereist, waren am Strand oder haben tolle Orte bei Wanderungen entdeckt. Natürlich hatten wir auch Unterricht ;).

Unser letztes Ziel auf der Reise waren die Azoren. Auf dem Weg dorthin waren wir über Karneval mitten auf dem Atlantik. Aus Spaß hatte ich für alle Schüler und Besatzungsmitglieder rote Pappnasen mitgebracht ;). An Rosenmontag war das Wasser spiegelglatt bei Windstärke 0. Kurz danach allerdings Sturm bei Wellen bis zu 7m. Dabei wurden Laufleinen an Deck gespannt, an denen wir uns gesichert haben.

Die Inseln der Azoren sind in erster Linie grün! Mein Highlight hier war eine fünftägige „Wanderung“ auf der Insel Sao Jorge, wo wir ohne wirkliche Pläne losgelaufen sind. Nette Leute z.B. zum Trampen gibt es dort auf jeden Fall genug. Bei einem dort lebenden holländischen Künstler durften wir sogar spontan in seinem Atelier übernachten.

Die Etappe von den Azoren zurück nach Deutschland war auf einer Seite richtig schön, auf der anderen Seite aber auch traurig, denn es hieß Abschied nehmen. Als Gruppe sind wir an Bord immer enger zusammengewachsen und deshalb war es umso schwerer wieder zurückzukommen.

Die Verabschiedung wurde natürlich auch wieder durch Corona bestimmt, aber wir haben versucht es trotzdem so schön wie möglich zu machen.

Hier an der KLS konnte ich wieder gut ankommen und wurde zum Glück echt von allen unterstützt. Wenn ich an die Reise denke, verbinde ich damit nur Positives. Ich hatte echt Glück so eine tolle Reise miterleben und so tolle Menschen kennenlernen zu dürfen und kann das wirklich nur jedem empfehlen.

Hanno, Q1

 

 

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