Müll sammeln im Grüngürtel
Wie immer – perfekt organisiert – haben wir eine Woche vorher erfahren, dass auch dieses Jahr für die Q1 ein „Aktion Tagwerk“ stattfindet. Schnell musste also ein Arbeitsplatz gefunden werden, und wehe, wenn dann Mama oder Papa als Arbeitgeber:in eingetragen sind, denn die würden niemals diese Gelegenheit ergreifen und uns Stunde um Stunde schuften lassen… Nein, da würden wir natürlich bis mittags durchschlafen. Doch Frau Zaker, unsere leidenschaftliche Deutschlehrerin, kam auf eine blendende Idee: Müll sammeln im Grüngürtel. Bezahlt wurden wir zwar trotzdem von unseren Eltern, doch das ist nebensächlich.
Tatsächlich haben sich dann jedoch fünf fleißige Freunde zu extremer Uhrzeit – 11 Uhr morgens, die Hälfte ist jedoch erst um 11:30 Uhr eingetroffen – im Grüngürtel versammelt. Nach einer kurzen Verschnaufpause, um sich von der langen Anreise aus Ehrenfeld, Piusstraße, zu erholen, und einer existentiellen Krise, ob das wirklich eine so gute Idee war, rappelten sich Miro, Jan, Jakob, Leo und Lennart dann auf und begannen mit dem Sammeln des Mülls. Trotz der frühen Morgenstunde mussten die fünf Freunde nicht lange suchen: Ganz im Gegenteil, man wusste gar nicht, wo man anfangen sollte.
Von übergebliebenen Böllern von Silvester, nassen, alten „Vintage“- Shirts, Pizzakartons, Tausenden von Aluminiumfolien - bei denen wir kurz überlegten, ob wir wirklich alle aufheben mussten, oder selektiv nur die größten - fand man wirklich alles im Grüngürtel. Nach stundenlanger Arbeit hatten wir tatsächlich drei ganze Müllsäcke befüllt. Dabei muss man bedenken: Das einzige Material, was mitgebracht wurde, waren Handschuhe und Müllsäcke. Und somit also keine anderen Hilfsmaterialien, was das Aufheben von verdächtigen, kleinen Plastiktüten und anderen Gegenstände, die wir leider nicht beschreiben können oder vielleicht dürfen, auf einprägende Weise erschwerte. In einer Mail, in der die begeisterte Frau Zaker fragte, ob wir von Leuten angesprochen wurden, musste ich verlegen schmunzeln. Abgesehen von abschätzigen Blicken sind wir mit keinem in Kontakt gekommen: Ein Mann, der seinen Hund ausführte, guckte uns mit äußerst kalter Miene an, als wir die großartigen Beweisfotos aufnahmen. Wie das zu interpretieren war, wissen wir bis heute nicht. Das empfinden wir natürlich als extrem schade, da die Aufgabe an sich ja unfassbar wichtig ist. Wir, sprich die Kölner:innen, sind der Grund, warum der Grüngürtel so verdreckt ist. Wir sind dafür verantwortlich, was mit unserem „wunderschönen“ und zu gleich unfassbarem verdreckten Köln passiert.
Dabei sind die mitleidigen Blicke, die wir besonders von jungen Leuten erhielten, doch das eigentliche Problem: Warum ist Müllsammeln gesellschaftlich so verpönt? Na gut, auch wir kamen uns ehrlicherweise ab und zu affig vor, wie wir von einem Pizzakarton zum nächsten eilten, während neben uns Basketballer ihre Kaugummis auf den Boden spuckten – kein Witz, das ist wirklich so passiert.
Abgesehen davon muss ich jedoch tatsächlich hervorheben, dass die gesamte Erfahrung extrem spaßig war. Zu fünft Müll sammeln und die interessantesten Gegenstände entdecken, kann wirklich lustig sein. Auch das stolze Gefühl, das man danach verspürt hat, ist wahrlich einmalig. Also können wir an dieser Stelle mit gutem Gewissen sagen, dass man an Aktion Tagwerk auch sehr gut Müllsammeln gehen kann. Und das Tolle daran: Man kann’s überall machen, nicht nur im Grüngürtel. Denn die Kölner sind neben fleißigen Karnevalisten auch fleißige Müllproduzenten.
Lennart, Q1